Tod im hohen Gras

Immer wieder fallen Rehkitze den Klingen der Mähwerke zu Opfer, werden getötet oder verstümmelt. In diesem Jahr dürfen stillgelegte Ackerflächen schon ab Mitte Mai gemäht werden. Diese Ausnahmeregelung nach der Trockenheit gefährdet die Jungtiere noch mehr.

Trier. (kat) "Wenn der Bauer sich mit dem Jagdpächter abstimmt, können die meisten unnötigen Mähtode verhindert werden", sagt Jürgen Hansjosten aus Trier. Schon als Kind ist er mit seinem Vater zur Jagd gegangen und hat ein Auge für das alljährliche Schicksal des Jungwildes.Blinklichter und Pfähle können Leben retten

Landwirte sind verpflichtet, mindestens ein- bis zweimal im Jahr Stilllegungsflächen zu mähen oder zu mulchen. Aus Gründen des Artenschutzes, insbesondere zum Schutz der Bodenbrüter, bestand eine Sperrfrist vom 1. April bis 30. Juni. In diesem Jahr dürfen stillgelegte Ackerflächen in Rheinland-Pfalz schon seit Mitte Mai zur Futternutzung herangezogen werden - eine Ausnahmeregelung nach der Trockenheit. Die Folge: Rehkitze sind noch mehr gefährdet, von den Mähwerken erfasst und grausam getötet zu werden. "Die Kitze sind seit 14 Tagen da", sagt Elmar Kautz, Jagdmeister im Kreis Trier-Saarburg. Noch bis Mitte Juni setzen die Rehe ihre Jungen. Am liebsten verstecken sie ihren Nachwuchs ihm hohen Gras am Waldrand. "Wenn gemäht oder gemulcht wird und keine Maßnahmen ergriffen werden, die Tiere zu schützen, kommt es häufig zu dem Mähtod, oder die Tiere werden verstümmelt", sagt Kautz. Denn wenn Gefahr kommt, ducken sich die Jungtiere und sind im Gras noch schwerer zu erkennen. Auch die Ricke leidet nach dem Tod ihres Nachwuchs: Sie sucht ihr Kitz, und die Milchproduktion macht Probleme. Möglichkeiten, die jungen Rehe und andere Bodenbrüter vor dem elendigen Tod zu bewahren, gibt es viele: So etwa informiert Landwirt Johannes Portz vom Feller-Hof zwei Tage vor dem ersten Grasschnitt den Jagdpächter über die anstehende Mahd. "Pro zwei Hektar werden Blinklichter aufgestellt", erzählt Portz. Die Folge: Die Ricke merkt, da stimmt was nicht, und bringt ihre Jungen in Sicherheit. Auch ein bloßer Pfahl mit raschelnden Tüten löse die gleiche Reaktion aus. "Zusätzlich geht der Pächter mit seinem Hund durch die Wiesen", erzählt Portz. Innerhalb von sechs Stunden werden 50 Hektar gemäht. Der Fahrer der mächtigen Mähmaschine beginnt mit seiner Aufgabe von innen nach außen. "So haben größere Tiere eine Chance zu flüchten", weiß Portz. Und beim Mähen gelte es, die Augen offen zu halten. Kautz: "Wenn ein Bauer ein Kitz sieht, soll er es mit Gras in den Händen heraustragen, damit die Ricke es nicht verstößt." Das Wichtigste sei, dass sich Landwirte und Jäger absprechen, betont Rolf Kautz. Denn das sinnlose Sterben des Jungwilds könne mit einer guten Kommunikation und einfachen Maßnahmen weitestgehend verhindert werden.

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