Traurige Gewinner

TRIER. Ein zweistelliges Wahl-Ergebnis: Für die FDP ist gestern ein Traum in Erfüllung gegangen. So richtig freuen konnten sich die Liberalen bei ihrer Wahlparty trotzdem nicht. Denn für eine schwarz-gelbe Koalition reicht das Ergebnis der CDU nicht aus.

Der kleine Trupp Liberaler, der sich im "Rostijen Haoken" in Olewig getroffen hat, um den sicher geglaubten Wechsel in eine schwarz-gelbe Regierung zu feiern, ist fassungslos. "Oh Nein! Das darf doch wohl nicht wahr sein!", stöhnt der Trierer Direktkandidat Christoph Pitsch und notiert akribisch die Werte der ersten ARD-Hochrechnung."Vielleicht haben die sich ja verrechnet", versucht der 31-jährige Langsurer (Verbandsgemeinde Trier-Land) es mit Galgenhumor. "Schalt mal aufs Zweite um." Aber auch im ZDF zeichnet sich bereits ab, was im Laufe des Abends immer deutlicher werden wird: Für eine schwarz-gelbe Regierung hat es nicht gereicht. "Jetzt haben wir endlich zehn Prozent geschafft - und dürfen wahrscheinlich trotzdem nicht mitregieren. Feierstimmung kommt da keine auf", sagt Pitsch. "Vielleicht retten uns ja die Überhangsmandate", gibt sich Nikolaus Brahtz, stellvertretender Vorsitzender der Jungen Liberalen in Trier-Saarburg, wagemutigen Hoffnungen hin.

"Wer sind denn die Lilanen?", fragt eine ältere Dame beim Anblick der ersten Kuchengrafiken, die mögliche Koalitionen zeigen, dazwischen. "Das sind die Kommunisten", ruft Pitsch ihr zu. "Dass die in Deutschland wieder mit im Parlament sitzen dürfen, darf man auch niemandem erzählen", schiebt er leise hinterher.

Dann gehen die Spekulationen los: "Eine Kanzlermehrheit gibt es nicht, wenn es jetzt nicht zu einer großen Koalition kommt, bleibt Schröder an seinem Amt kleben", vermutet Manfred Gehring, Ex-Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes. "Eine große Koalition mit Merkel als Kanzlerin halte ich da für wahrscheinlicher", sagt Pitsch, "für eine Ampel werden wir wohl nicht gefragt werden. Guido hat ja auch klar gesagt, dass das nicht in Frage kommt."

"Wer hat denn jetzt die Wahl gewonnen?"

Selbst als "Guido", verkniffen lächelnd, auf dem Bildschirm erscheint und tosender Applaus aus dem Fernsehen erklingt, hellt sich die Stimmung bei den FDPlern nicht auf. Dann fliegt die Tür auf und Stadtrat Thomas Egger bringt gute Nachrichten: "Hab' gerade gehört, in Rheinland-Pfalz liegt die FDP bei über zwölf Prozent", sagt der Trierer Rechtsanwalt. Die frohe Botschaft hören die Liberalen nur zu gerne. "Guido" wird weg- und das Südwestfernsehen eingeschaltet - vielleicht gibt es ja schon Landesergebnisse. "Nachher holst du noch das Direktmandat", sagt einer und klopft Pitsch auf die Schulter.

Die Stimmung hellt sich auf. Und als die Kellnerin gegen 19 Uhr fragt: "Wer hat denn jetzt die Wahl gewonnen?", ruft eine der Liberalen froh: "Die FDP!" Dann gibt es Strammen Max und Schnitzel. Ein bisschen wollen die Liberalen ihren vermeintlichen Wahlsieg schließlich doch feiern.

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