Trauriger Rekord

TRIER. Die gute Nachricht: Dank der sprudelnden Gewerbesteuer hat die Stadt Trier 15 Millionen Euro mehr Einnahmen als bei der Etat-Verabschiedung Mitte Februar erwartet worden war. Die schlechte Nachricht: Es bleiben immer noch knapp 19 Millionen Euro Miese übrig.

Das Konjunktur-Hoch macht's möglich: Trier kann im laufenden Jahr mit der Rekord-Gewerbesteuer-Einnahme von 58 Millionen Euro rechnen - das sind fast 15 Millionen Euro mehr als prognostiziert. Dass am Jahresende trotz dieses unerwarteten Geldsegens noch ein Defizit von rund 19 Millionen Euro (ohne die Altschulden) im Gesamthaushalt herauskommen wird, schien den Mitgliedern des Steuerungsausschusses bei der Beratung des Haushalts-Zwischenberichts schonungslos die Ohnmacht der kommunalen Selbstverwaltung vor Augen zu führen. Noch besser planen, mehr Prioritäten setzen, die Folgekosten bei jeder Entscheidung bedenken und ein kritisches Auge auf die Personalkostenentwicklung werfen - so lautete jetzt das Fazit, wohlwissend, dass sich die Damen und Herren Räte damit mehr Arbeit aufhalsen könnten: Thomas Egger (FDP) ließ schon mal vorsichtig die Notwendigkeit einer zweiten Tages-Schicht für die Haushaltsberatungen anklingen. Dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier beim Kriterium der Unabweisbarkeit (Radwegebau, Sportplatz Tarforst) die Fesseln unerbittlich zuzieht, sorgte auch nicht gerade für eine Aufhellung der Mienen. Bisher konnte die Stadt durch den Nachweis der Unabweisbarkeit auch Maßnahmen in Angriff nehmen, die außerhalb des Kreditlimits standen. Unerbittliche Finanzaufsicht

"Das ist fast das Ende der Selbstverwaltung", bemerkte ein konsternierter OB Helmut Schröer. Die Entwicklung der Gewerbesteuer sei erfreulich, aber sie zeige mehr noch als bisher das strukturelle Defizit: "Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem. Bund und Land verhageln uns mit ihren Gesetzen die Finanzen." Besonders der Sozialetat (42 Millionen Euro) gerate immer mehr aus dem Ruder. Obwohl der Bund die Hartz IV-Mittel für die Kommunen von zwei auf 4,3 Milliarden Euro aufgestockt habe, bräuchten die Städte 5,8 Milliarden Euro, rechnete der OB vor. Für Trier würden jetzt einige hunderttausend Euro mehr hängen bleiben, aber das reiche nicht. "Die Ortsbeiräte sind gefordert, ihre Prioritäten noch überlegter als bisher zu setzen", sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Friedel Jaeger, und Jürgen Plunien (CDU) mahnte an, die Investitionen im Vermögensetat auch möglichst auszuschöpfen. Der Realisierungsgrad betrage nur 74 Prozent. "Hausgemachte Fehler werden mitgeschleppt", so das Fazit von Hermann Kleber (UBM) im Zusammenhang mit dem Anstieg der Personalkosten um rund eine Million auf 66,8 Millionen Euro. Ebenso wie die tariflichen Lohnsteigerungen müssten auch die Ausgaben für Altersteilzeit etatisiert werden. Warum die Grundstücksverkäufe der Stadt nicht haushaltstechnisch besser gesteuert würden, wunderte sich Uschi Britz (Grüne). Von den erwarteten Einnahmen von 3,4 Millionen Euro müssten nach ADD-Auflage jeweils die Hälfte zur Defizitreduzierung an den Verwaltungshaushalt und zur Finanzierung von Investitionen vorgesehen werden, sagte Helmut Schröer. "Wir werden gezwungen, den Vermögensverzehr zu finanzieren." Gleich mehreren Rednern sprang ein Satz im Erläuterungsbericht der Verwaltung zur Entwicklung der Personalkosten im Baudezernat ins Auge: "Kritisch bleibt anzumerken, dass Nachbesetzungen vakanter Stellen nicht mit der auf Grund der Kostensituation gewünschten Zurückhaltung erfolgen." Hat sich da etwa ein Controller erlaubt, politische Schlussfolgerungen aus Zahlen zu ziehen? Baudezernent Peter Dietze klärte auf: Es gab höhere Personalausgaben durch zusätzliche Aufgaben, etwa beim Hochwasserschutz und bei der Feinstaub-Messung. Dass die Verwaltungsmitarbeiter so stark mit Arbeit eingedeckt seien, hätten auch ein Stück weit die städtischen Gremien zu verantworten, räumte Thomas Egger selbstkritisch ein. Mit immer neuem Berichtswesen halte man die Beschäftigten auf Trab - und davon ab, ihre eigentliche Arbeit zu tun.

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