Trendsetter am Bahndamm

Grundschule und Hauptschule unter einem Dach: Das bietet in Trier nur die GHS Zewen. Die aktuelle Schülerzahl von 340 zeigt beachtliches Interesse an dieser integrativen Form, die Kindern und Lehrern neue Wege aufzeigt.

 Ein typischer 60er-Jahre-Schulbau, dennoch ist die Grund- und Hauptschule Zewen eine moderne Schule. TV-Foto: Dieter Lintz

Ein typischer 60er-Jahre-Schulbau, dennoch ist die Grund- und Hauptschule Zewen eine moderne Schule. TV-Foto: Dieter Lintz

Trier. Fast versteckt liegt die Schule hinter Bäumen, in unmittelbarer Nähe zur Bahnlinie. Viel ist nicht los auf der West-Strecke, störendes Geratter bleibt aus. Erst nach Betreten des Schulhofs erschließt sich das ganze Ensemble. Ein typischer 60er-Jahre-Schulbau, zweigeschossig, mit Flachdach und einem schmächtigen Verbindungsbau, in dem recht bescheiden die Schulleitung residiert. Kein Fall für einen architektonischen Schönheitspreis, aber vor ein paar Jahren grundsaniert - und damit für Trierer Verhältnisse in gutem Zustand. Lehrer schauen über den Tellerrand

"Wir sind so ein bisschen ein Mittelding", sagt Schulleiter Günter Hagelauer. Das entpuppt sich schnell als echtes Understatement. Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass ein straff geteiltes Schulsystem nicht mehr den Bedürfnissen der Zeit entspricht, ist Zewen kein "Mittelding", sondern ein Trendsetter. Das Miteinander von Grund- und Hauptschule unter einem Dach und einer Leitung wirkt sich, wenn man Hagelauers Erfahrungen hört, ausgesprochen segensreich aus. Die Grundschule profitiert von den Ausstattungs-Standards, die einer Hauptschule zustehen, vom Computer bis zum Sport-Equipment. Die Hauptschule lernt von den pädagogischen Kenntnissen der Grundschule, der, wie Hagelauer formuliert, "methodisch progressivsten Schule in Rheinland-Pfalz". Die Lehrer schauen beim wechselseitigen Unterricht schon mal über den Tellerrand, für die Schüler gibt es fließende Übergänge zwischen den Schulformen. Jugendliche und Kids stellen gemeinsam Musicals auf die Beine oder geben eine Schülerzeitung heraus - mit 40 Jahren eine der traditionsreichsten im ganzen Land. Und dank des Hauptschul-Kollegiums lernen die Jungs in der Grundschule, dass es auch männliche Lehrer gibt - was außerhalb von Zewen eher selten vorkommt.Kein Wunder, dass der Rektor seine Schule angesichts der Erfahrung mit übergreifender Arbeit als "prädestiniert" für die künftige "Realschule plus" ansieht. Zumal auch der Ganztags-Bereich hier schon stark entwickelt ist. "Zum Glück waren wir früh genug dabei", freut sich Hagelauer, denn am Anfang flossen die Mittel noch kräftig. Von der notwendigen Infrastruktur-Modernisierung für die Ganztags-Grundschule profitierte die gesamte GHS. Auch Fünftklässler können hier das Ganztags-Angebot in Anspruch nehmen. Schier endlos ist die Liste der Arbeitsgemeinschaften von "BrainGym" bis Wing Tsun. Das Herz des Schulleiters gehört unverkennbar auch dem Sport - klar doch, wenn man eine riesige Turnhalle hat. Noch so ein "Synergie-Effekt".Der Ganztags-Schwung reichte dann auch, um mit Hilfe breiten Eltern-Engagements den Schulhof umzubauen. "Vom Sorgenkind auf die Sonnenseite", bringt es Konrektor Thomas Rendenbach auf den Punkt. Eine sechsstellige Summe brachte die engagierte Projektgruppe zusammen, mit Spenden von "Ein Herz für Kinder" bis zur Nikolaus-Koch-Stiftung. Jetzt ist der Schulhof ein echtes Prachtstück, mit Klettergeräten, Spielflächen nebst "grünem Klassenzimmer" um die Ecke. Gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt

Öko-Engagement liegt der GHS ohnehin am Herzen. Für das Projekt "energiebewusste Schule" ging man per Infrarot-Kamera auf die Suche nach Wärme-Schlupflöchern. Die "Lokale Agenda" gehört zu den Kooperations-Partnern. Beim Zusammenwirken von Schule, Eltern und lokalem Umfeld gibt es keine Probleme. Die Sozialstruktur ist unproblematisch, der Schulsozialarbeiter (halbe Stelle) braucht wenig Notfall-Management zu übernehmen und kann sich gezielt der Gewaltpräventionsarbeit widmen. Die Schüler kommen nicht nur aus Trier, Zewen ist auch die einzige Hauptschule bis zur Sauer für die Verbandsgemeine Trier-Land. "Ein gutes Stadt-Land-Gemisch" diagnostiziert der Schulleiter. Die Zewener sind offenkundig Spezialisten dafür, Getrenntes unter einen Hut zu bringen. Zum guten Ruf der Schule trägt sicher auch bei, dass sie über ein zertifiziertes zehntes Schuljahr die mittlere Reife anbietet. Das Kollegium mit seinen 27 Lehrern ist selbst in exotischen Bereichen gut besetzt: Einen ausgebildeten Musiklehrer und einen promovierten Naturwissenschaftler sieht man in Hauptschulen nicht alle Tage. Das scheint sich auch auf dem Ausbildungs-Markt herumgesprochen zu haben. "Unsere Schüler", berichtet Günter Hagelauer, "finden fast alle eine Lehrstelle". Tipp: Ein Blick auf die professionelle Homepage http://ghs-zewen.de lohnt sich. Morgen in unserer Serie: Das Hindenburg-Gymnasium.

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