Trier: Ein Fall für Peter Zwegat

Trier · Der Stadtrat will am 16. Dezember den Haushalt 2010 verabschieden. Da dieser ein tiefrotes Minus von 67 Millionen Euro mitbringt, muss die Stadt mit einem Veto vom Kassen-Kontrolleur des Landes rechnen - der Kommunalaufsicht.

Der Begriff "Aufsicht" verrät es: Hier gibt es eine übergeordnete Autorität, die überwacht und entscheidet, ob die Ebenen unter ihr die Dinge auch korrekt regeln. Die Kommunalaufsicht - das ist die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als Landesbehörde - hat keinen Einfluss auf Struktur und Schwerpunkte eines kommunalen Haushalts. Das überlässt sie den Städten, Kreisen und Gemeinden, die sie beaufsichtigt.

Dennoch ist das Urteil der Kommunalaufsicht entscheidend. Sie prüft und ahndet Rechtsverstöße. Ein Minus in Höhe von 67 Millionen Euro ist ein solcher Rechtsverstoß und müsste ein Veto der ADD provozieren - in der Theorie. In der Realität sind schon seit vielen Jahren die meisten Kommunalhaushalte defizitär und damit formaljuristisch gesehen Rechtsverstöße. Hätte das Land sie einfach alle abgelehnt, wären die Kommunen handlungsunfähig. Städte und Gemeinden würden langsam zu Ruinen.

Dennoch sieht die ADD dem Geschehen nicht tatenlos zu. Im September schickte ADD-Präsident Josef Peter Mertes eine klare Aufforderung an den Trierer OB Klaus Jensen. Dieser sollte bis zum Monatsende darlegen, wie er die "behördlich erwartete deutliche Ergebnisverbesserung" des Basis-Haushalts 2009, der genau wie sein Nachfolger 2010 eine finanzielle Katastrophe war, erreichen wolle.

"Die Stadt Trier ist dieser Aufforderung nachgekommen", bestätigte gestern ADD-Pressereferentin Miriam Lange. "Eine Bewertung gab es allerdings noch nicht." Es stellt sich die Frage, wo angesichts einer sich ankündigenden Haushaltslücke von 67 Millionen Euro 2010 eine "deutliche Ergebnisverbesserung" im Vergleich mit 2009 zu sehen sein soll. Doch das sei für die ADD noch kein Thema, so Lange. "Schließlich ist der Haushalt 2010 noch nicht beschlossen. Die ADD steht in einem stetigen Kontakt mit der Stadt Trier, um gemeinsam Wege für eine Haushaltskonsolidierung zu ermitteln."

OB Jensen hat weitere Spar- und Verbesserungsvorschläge angekündigt. Am 7. und 8. Dezember wird der Steuerungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Haushaltsentwurf intensiv diskutieren. Diese Diskussion prägt die Fassung des Haushalts, die dem Rat am 16. Dezember zum Beschluss vorgelegt wird.

HINTERGRUND Der Haushalt der Stadt Trier: Am 25. September hat Oberbürgermeister Klaus Jensen dem Stadtrat den Haushaltsentwurf 2010 vorgelegt. Dieser bilanziert Einnahmen in Höhe von 234 Millionen und Ausgaben in Höhe von 301 Millionen Euro. Die Schulden der Stadt Trier steigen damit 2010 auf insgesamt mehr als 300 Millionen Euro. Der teuerste Posten im Investitionshaushalt ist die Sanierung des Gneisenau-Komplexes in Trier-West mit 6,3 Millionen Euro. (jp)

Meinung
Mut zum Streichen

Die kommunale Selbstverwaltung ist im Grundgesetz verankert. Sie schützt Städte und Gemeinden vor den Übergriffen anderer öffentlicher Stellen in ihre Selbstverwaltungs-Angelegenheiten. So lautet das Gesetz. In der Realität wird daraus der blanke Hohn. Denn Land und Bund sind die ersten "öffentlichen Stellen", die den Kommunen seit Jahren immer höhere Belastungen aufbürden. Trier muss 2010 eine Personalkostensteigerung von 4,2 Millionen Euro schultern - neue Bundes- und Landesgesetze sorgen für Kostenexplosionen bei Feuerwehr und Kindertagesstätten. Die finanzielle Selbstständigkeit einer Kommune ist einer Schuldenverwaltung gewichen, an der man gelegentlich mit einem Rotstift herumkratzt. Doch es nutzt nichts, darüber jahrelang zu jammern. In Trier ist eine ernsthafte und konsequente Analyse ohne ständiges Schielen auf das Wählerverhalten angesagt: Welche Schulen, Sportstätten und andere Leistungen und Institutionen sind noch tragbar und welche nicht? Trier muss unpopulär agieren und streichen, schließen, zusammenlegen. Alles andere ist Augenwischerei. j.pistorius@volksfreund.de

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