"Trier wird grüner"

TRIER. Die Grünen, die FDP und die UBM sind die großen Gewinner der Stadtratswahl in Trier. Dagegen verzeichnen die CDU und vor allem die SPD herbe Verluste.

Mit versteinerter Miene blickt Friedel Jaeger im Foyer des Rathaussaals am Augustinerhof auf die große Leinwand. Vernichtende Zahlen brennen sich dem SPD-Fraktionschef ins Gedächtnis. So wenige Menschen wie nie zuvor haben in Trier seine Partei gewählt. 21,94 Prozent (minus sechs) "erringen" die Sozialdemokraten, verlieren damit in letzter Sekunde noch einen weiteren Sitz an die FDP. Nur elf Sozialdemokraten werden dem künftigen Stadtparlament angehören, zuvor waren es 15. "Sch…", entfährt es Jaeger, bevor er blitzschnell von der Bildfläche verschwindet.CDU-Mann Adams: Mitleid mit Genossen

Das offensichtliche Elend der SPD ruft selbst beim größten Widersacher Mitleid hervor. "Die Bundespolitik hat sich voll zu Lasten der SPD ausgewirkt. Das tut mir Leid für die Genossen", kommentiert CDU-Fraktionschef Berti Adams. Während Jaeger und SPD-Ratsherr Reiner Lehnart ebenfalls auf den Bund verweisen und nur einen kleinen Teil der Verantwortung für das Wahldebakel bei sich selbst suchen, nimmt ein anderer Sozialdemokrat kein Blatt vor den Mund: "Das ist auch eine Quittung für unsere Stadtpolitik. Die Leute wollen eine Veränderung, und das trauen sie eher den Grünen als uns zu", kritisiert Juso-Chef Christian Schmitz. Der Verlust der SPD in Trier entspreche dem Bundestrend, doch das niedrige Niveau sei selbstverschuldet. Schmitz hält parteiinterne Auseinandersetzungen für unausweichlich: "Wir werden eine Personaldiskussion führen müssen." Indes steht die SPD nicht als alleiniger Verlierer da. Viereinhalb Prozent büßt die CDU ein - entgegen dem positiven Bundes- und Landestrend - und verliert damit drei Sitze im Stadtrat. Lange sieht es so aus, als bleibe die Union unter 40 Prozent. Fraktionschef Berti Adams hofft fieberhaft "auf die Vier vor dem Komma". Was ihm eine spöttische Bemerkung des Grünen Gerd Dahm einträgt: "Seid ihr schon so bescheiden, dass ihr die 40 feiert?" Am Ende liegt die CDU bei 40,58 Prozent (21 Sitze), und Berti Adams scheint zufrieden. "Wir haben ein besseres Ergebnis als vor zehn Jahren eingefahren und bleiben stärkste Fraktion." Die absolute Mehrheit zu erringen, sei "nie ein Thema gewesen". Riesenfreude kommt bei zwei CDU-Frauen auf: Die Ortsvorsteherin Trier-Mitte, Ricarda Kuhner, schafft einen gewaltigen Sprung von Listenplatz 43 auf Rang 19 und zieht ebenso wie die junge Zita Both (Platz 21) in den Stadtrat ein. Voller Stolz über ihren überraschenden Erfolg präsentieren sich die Grünen. Sie verzeichnen 17,32 Prozent (plus 6,8), erringen drei Mandate mehr, überflügeln die UBM und stellen künftig die drittstärkste Fraktion. "Phänomenal", jubelt Spitzenkandidatin Lydia Hepke, die "noch einen dicken Kopf vom Feiern" hat. Ihr Fazit: Die Grünen könnten "künftig nicht mehr als Spinner abgetan werden. Trier wird grüner". Hepke sieht "die gute Oppositionsarbeit honoriert" und spielt damit insbesondere auf die Wahlkampagne an. "Acht gegen Filz" lautete das Motto - nun ziehen sogar neun Mitglieder der Ökopartei in den Stadtrat ein, darunter Clement Atzberger, der kürzer treten wollte. Die grüne Frontfrau wertet dies als Auftrag, "weiter für Transparenz zu sorgen und dubiose Vorgänge wie beim Bau des Parkhauses Ostallee zu beleuchten". Strahlende Gesichter zeigen auch die UBM- und die FDP-Mitglieder. Die Unabhängige Bürgervertretung Maximini verbessert sich vor allem dank ihres Spitzenmannes Manfred Maximini von 12,7 auf 15,5 Prozent und gewinnt einen Ratssitz hinzu. Nicht mehr dabei ist Heinrich Kirsch, der von den Wählern abgestraft wird und trotz des guten Listenplatzes 7 aus dem Rat ausscheidet. Des einen Freud', des anderen Leid: Christiane Probst stößt einen Freudenschrei aus, als ihr Mandat feststeht.FDP erreicht noch Fraktionsstärke

"Die Wähler haben unsere bürgernahe Arbeit bestätigt", frohlockt der frischgebackene Ortsvorsteher von Euren, Hans-Alwin Schmitz. Er hat in seinem Stadtteil ein Spitzenresultat erzielt und damit maßgeblich zum UBM-Erfolg beigetragen. "Wir können sehr zufrieden sein", pflichtet Margret Pfeiffer-Erdel bei. Nach zehn Jahren Abstinenz feiert die FDP ein Comeback im Stadtrat. Thomas Egger bangt bis zuletzt um seinen Platz, schafft jedoch schließlich ebenso wie die Staatssekretärin im Landes-Justizministerium, Stefanie Lejeune, sowie der von der CDU zur FDP gewechselte Filscher Ortsvorsteher Karl-Josef Gilles den Sprung in den Stadtrat. Eggers Erfolg hilft seiner Partei enorm, denn durch den dritten Ratssitz erreichen die Freien Demokraten Fraktionsstärke. Das ist deshalb wichtig, weil sie damit auch die Ausschüsse besetzen dürfen. "So können wir die Arbeit auf mehr Schultern verteilen", kommentiert Egger.

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