Triers heimlicher Campingplatz

TRIER. Offiziell hat die Stadt Trier keinen Campingplatz mehr. Aber jenseits amtlicher Regelungen haben Tausende von Wohnmobil- und Caravan-Touristen längst ein Domizil gefunden: Den Parkplatz am Messepark.

 Camping an der Mosel: Zur Ferienzeit kann es auf dem Parkplatz am Messepark eng werden.Foto: Willi Speicher

Camping an der Mosel: Zur Ferienzeit kann es auf dem Parkplatz am Messepark eng werden.Foto: Willi Speicher

Braungebrannt sitzt Henk vor seinem Wohnmobil und genießt den Blick auf die Kirchenfassade von St. Matthias. "Klasse Aussicht", sagt er mit unüberhörbarem Rudi-Carell-Akzent. "Und man ist ganz schnell in der Stadt", fügt Ehefrau Lies hinzu. Neben dem Fahrzeug mit dem gelben Kennzeichen dösen drei Chihuahuas in der Mittagshitze, durch eine Decke vor der Sonne geschützt. "Durch Zufall" habe man den Platz gefunden, erzählt Henk, "wir sind einfach immer der Mosel entlang gefahren". Nebenan wohnt seit drei Tagen Familie Kandelaar aus Utrecht. Die beiden Kinder blicken keine Sekunde von ihrer Playstation auf, die Eltern räumen den Esstisch ab. Sie haben den Messeplatz in ihrem "Pro-Mobil-Stellplatz-Atlas" gefunden, als Tipp für Kurz-Übernachtungen. Eine Woche wollen sie bleiben, wie viele der bis zu 50 Wohnmobil-Camper, die den Platz neben McDonalds bevölkern. Vom Parkplatz in die Disco

Carine und Stella sind mit ihren Eltern aus Belgien angereist. Die Begeisterung der Teenager hält sich in Grenzen. "Ab und zu mal duschen" käme nicht schlecht, bevor sie sich auf die Disco-Tour machen. "Ein Campingplatz wäre uns lieber". Ganz so schlimm kann es mit der Sanitär-Versorgung aber nicht sein, immerhin sind sie schon um 13 Uhr ordentlich aufgestylt. Doch das Problem, das sie ansprechen, haben viele. Duschen oder Toiletten gibt es auf dem Parkplatz nicht. Allerdings hat die Stadt, nachdem der Campingplatz in Monaise aufgelöst wurde, die Bus-Sanitäranlage auf dem Messeplatz auch für Campingmobil-Besitzer geöffnet. Für einen Euro können sie dort ihre Toiletten-Anlagen leeren oder frisches Wasser tanken. Hartgesottenen Mobilisten wie Ed und Chris Webster reicht das völlig aus. Das Ehepaar kommt aus Wales, was dem Schulenglisch-geübten Reporter einiges an Improvisationskunst abverlangt. Nein, ein Campingplatz würde sie nicht reizen, "da fühlt man sich so kontrolliert". Trier kennen sie schon von früheren Besuchen. Sie stammen aus Chichester, der berühmtesten Römerstadt Großbritanniens, da liegt es nahe, "the most famous roman city in Germany" zu besuchen. Auch sie haben einen Führer dabei, in dem der Messe-Platz ausdrücklich empfohlen ist. Bei der Stadtverwaltung löst der Bekanntheitsgrad des Parkplatzes keine Verwunderung aus. Man habe nach der Schließung des Campingplatzes Monaise "bewusst überregional auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht", bestätigt Ralf Frühauf vom Presseamt. Das steigende Aufkommen an Caravan-Gästen im Messepark sei bekannt und werde "wohlwollend geduldet". Die Gäste "stören und behindern niemand", heißt es bei der Stadt. Dennoch sieht man im Rathaus ein, dass das "wilde Campen" der Wohnmobilisten keine Dauerlösung ist. Es gibt Gespräche mit dem Ruderclub, der die kleine private Camping-Anlage betreibt, die unmittelbar an das Messegelände grenzt. Dort, auf dem Aussteller-Parkplatz zwischen Moselauen und Messe, könnte ein Gelände für die Mobilisten geschaffen werden. "Natürlich mit Bewirtschaftung", betont Frühauf. Beschilderungspläne seien bereits vorhanden, man warte nur auf den Abschluss eines Vertrages. Bis dahin soll das Provisorium laut Presseamt weiter geduldet werden. Schließlich seien die Mobilisten aus aller Herren Länder "erfahrungsgemäß sehr diszipliniert, ruhig, und korrekt bei der Abfall-Entsorgung". Eine Einschätzung, die zumindest auf den ersten Blick zutrifft. Bei den Mobilisten liegt nicht annähernd so viel Müll herum wie im Umfeld des benachbarten Fastfood-Restaurants. Nur ein einziges Wohnmobil weist eine "Dekoration" mit Bierflaschen und Essensresten auf. Es kommt allerdings nicht aus aller Herren Länder, sondern ganz aus Nähe: Das Nummernschild trägt ein Kennzeichen, das mit SLS beginnt.

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