Tschüss, kleiner Schnuller!

Trier · Das städtische Grünflächenamt hat den ersten von zwei Trierer Schnullerbäumen eingeweiht. Er soll Kindern helfen, sich freiwillig von ihrem Nucki zu trennen. Auf die Kleinen wartet ein spannendes Erlebnis.

 Die dreijährige Stella hat gleich eine ganze Hand voll Schnuller mitgebracht, die sie zusammen mit Opa Christoph Herrig dem Schnullerbaum schenkt. TV-Foto: Manuel Beh

Die dreijährige Stella hat gleich eine ganze Hand voll Schnuller mitgebracht, die sie zusammen mit Opa Christoph Herrig dem Schnullerbaum schenkt. TV-Foto: Manuel Beh

Foto: Manuel Beh (beh) ("TV-Upload Beh"

Trier Der zweijährige Julius steht mit großen Augen und blauem Helm vor dem Hubsteiger. Zusammen mit seinem Schnuller klettert er in den Arbeitskorb. Dieser fährt langsam hoch in Richtung Baumstamm.
Dort angekommen knotet er mit Mama Barbara Marx den Schnuller an einem roten Band fest und verabschiedet sich von ihm. Unten gelandet zeigt er seinem Papa stolz, wo er ihn hingehangen hat.

Seit diesem Monat hat Trier wohl als erste Kommune in Rheinland-Pfalz zwei Schnullerbäume. Dazu hat das städtische Grünflächenamt beim Mattheiser Weiher und im Nells Park jeweils einen geeigneten Baum ausgesucht. Hauptkriterien seien der Standort fern einer Straße und in der Nähe eines Spielplatzes gewesen, erklärt Amtsleiterin Christine-Petra Schacht. Zudem müsse der Baum mit dem Hubsteiger zu erreichen und ungiftig sein. Ziel ist es, den Kindern bei der Entwöhnung des Schnullers zu helfen (siehe Info).

Im Nells Park fiel die Wahl auf einen japanischen Kuchenbaum direkt am Spielplatz. Wenn die Blätter fallen, duftet dieser nach Lebkuchen. An drei der fünf Stämme haben die Mitarbeiter des Grünflächenamts rote, gelbe und blaue Bänder befestigt, an denen die Kinder ihre Schnuller hängen können. So würden die Stämme schön bunt und die Schnuller nicht beim nächsten Sturm herabgeweht.

Bei der Eröffnung kamen bereits zwanzig Schnuller zusammen. Eine ganze Hand voll brachte die dreijährige Stella vorbei. Ihr Opa Christoph Herrig lobte die Aktion. Stella sei zwar schon auf der Zielgeraden der Entwöhnung, dennoch helfe dieser bewusste Abschied. Dieses Ritual sei eine schöne Alternative zur Schnullerfee. Schacht ergänzt, dass die Schnullerfee oft mit größer werdenden Geschenken verbunden ist. Beim Schnullerbaum zähle allein das Erlebnis. Jedes Kind bekomme als Erinnerung eine Urkunde.

Sonja Köbberling aus der Nähe von Kassel ist gerade zufällig mit Sohn Louis (2) im Nells Park spazieren. Spontan möchte auch er seinen Schnuller abgeben und fährt mit seiner Mama nach oben. Diese blickt entspannt auf die nächsten Tage: "Oft verspricht er abends, dass er schon groß sei und keinen Schnuller mehr brauche. Später im Bett möchte er ihn dann trotzdem wieder haben. Nun wird er wissen, dass er keinen mehr hat."
Dies kennt auch Simone Scherer mit Sohn Felix (5): "Wir haben zu Hause noch zwei alte Schnuller gefunden. Bevor sie im Müll landen, wollten wir sie herbringen. Ich erinnere mich noch gut an die Abgewöhnungsphase. Da war viel Überzeugungsarbeit gefragt."

Baudezernent Andreas Ludwig lobt Schachts Initiative. Auch er habe bei seinen Kindern erlebt, wie schwer die Abgewöhnung sein kann: "Die Aktion ist mit geringem Aufwand verbunden. Angeschafft wurden nur die Kinderhelme und die Schnüre an den Bäumen. Für die Mitarbeiter des Grünflächenamts sind die zwei Stunden im Monat eine schöne Abwechslung."

Zukünftig haben die Kinder zweimal im Monat die Möglichkeit, ihren Schnuller abzugeben: jeden zweiten Donnerstag um 15 Uhr im Nells Park und jeden vierten Donnerstag um 15 Uhr beim Mattheiser Weiher. Mitzubringen ist nur der Schnuller.Extra: ENTWÖHNUNG VOM SCHNULLER


Ein Kind vom Schnuller zu entwöhnen, ist eine Umstellung. Wenn die ersten Zähne kommen, ist das Saugen schädlich für die Zahnentwicklung. Die Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik führt zwei Drittel der Fehlstellungen und Kieferverformungen auf das Lutschen zurück. Ab dem zweiten Lebensjahr nimmt das Saugbedürfnis ab. Umso wichtiger ist dann die Abgewöhnung. Der Schnullerbaum ist eine Tradition, die aus Dänemark kommt. Seit 1929 steht auf der Insel Thurø das älteste bekannte Exemplar. In Deutschland gibt es sie in Münster, Berlin, Frankfurt und Köln. In Rheinland-Pfalz steht seit 2011 ein Baum auf dem Parkgelände eines Krankenhauses in Landau. In Trier gebe es nun den ersten kommunalen Schnullerbaum im Land, vermutet das Grünflächenamt.

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