"Überall geht’s nach Ausfahrt"

BITBURG. Die ersten 22 Jahre ihres Lebens haben David und Azaria Johnson ihr Heimatland USA nicht verlassen. Im April wurden sie mit der amerikanischen Luftwaffe nach Spangdahlem versetzt. Zum ersten Mal im Ausland haben sie bald gemerkt, dass das Leben in einer fremden Kultur Überraschungen birgt.

Die Erkenntnis kommt in Form einer Rauchwolke. Ihre Glieder sind noch steif von dem achtstündigen Flug über den Atlantik, als David und Azaria Johnson bewusst wird: Sie sind nicht mehr in den Vereinigten Staaten. In der Ankunftshalle des Frankfurter Flughafens sehen sie eine Gruppe Männer und Frauen, die genüsslich ihre Zigaretten rauchen. "Davor hat uns keiner gewarnt", sagt die Amerikanerin. In ihrem Heimatland ist Rauchen in öffentlichen Gebäuden verboten. Es ist das erste Mal, dass das Ehepaar deutschen Boden betritt. Seit ihrer Kindheit wohnten die 22-Jährigen fast ausschließlich im ländlichen Nebraska. Nun sind sie für drei Jahre auf der US-Air-Base Spangdahlem stationiert. Aufgeregt bewegen sie sich über den Frankfurter Flughafen. Überall erwarten sie neue Eindrücke. Hunde begleiten ihre Besitzer frei und ohne Käfig durch die Gänge des Flughafens - undenkbar in den USA. Und was ist dieses eiförmige Mini-Gefährt im Parkhaus? Sieht aus wie ein Auto, nur viel kleiner als in den Staaten. Oh, ein Smart! So etwas haben sie noch nie gesehen. Jeden Monat kommen neue Soldaten in der Eifel an. Derzeit leben etwa 12 500 amerikanische Bürger in der Spangdahlemer Umgebung. David Johnson, der sein erstes Jahr in der Luftwaffe ableistet, sollte ursprünglich auf einen Stützpunkt in Illinois kommen. Doch als sich die Chance für einen Übersee-Auftrag bot, zögerte er nicht. "Ich dachte mir, das wird eine bessere Erfahrung", sagt er. Einige Erfahrungen der beiden bisher waren eher lehrreich als gut. So auch ihr erster Einkauf bei einem Discounter in der Nähe ihres Hauses in Bitburg. Erst an der Kasse merkte das Paar, dass man in deutschen Läden nicht automatisch Tüten bekommt. Ihr Auto hatten sie daheim gelassen, so dass sie den Einkaufswagen auch nicht in den Kofferraum entleeren konnten. "Wir hatten unsere Arme voll mit Lebensmitteln, lauter Kleinzeug wie Joghurt, und mussten alles zu Fuß nach Hause tragen", erzählt Azaria Johnson. Vieles ist noch ungewohnt für die Ausländer. Recycling war für sie bis vor kurzem noch ein fremdes Konzept. Was nun wohin gehört und welcher Müll wann abgeholt wird, das kann verwirren. "Ich dachte ursprünglich, ich muss den gelben Sack in die blaue Tonne werfen", gibt die Ehefrau zu. "Schließlich ist das doch alles Recycling!" Zwar bekommen alle Neuankömmlinge auf dem Stützpunkt eine Einführung in die deutsche Kultur, doch das meiste müssen sie mit der Zeit selbst lernen. Dass man zum Beispiel in deutschen Restaurants kein Trinkgeld auf dem Tisch liegen lässt. Oder dass deutsche Straßen nicht Schachbrett-artig angelegt sind und man sich leicht verirrt. Azaria Johnson hat inzwischen einen Deutsch-Kurs belegt, um ihnen das Einleben im Gastland zu erleichtern. Der kam allerdings zu spät für ihre erste Fahrt auf der Autobahn. Dabei bemerkten die beiden immer wieder das Schild "Ausfahrt". Wow, dachten sie, das muss ja eine große Stadt sein, die überall Wegweiser hat! Wenigstens einen Aspekt ihres Gastlandes haben die Johnsons bereits ins Herz geschlossen: die Tierliebe. "Hunde sind hier einfach überall", bemerken sie. Für ihren Beagle-Terrier Mischling Bailey ist Deutschland damit das Paradies. Egal, ob ins Restaurant oder ins Kleidergeschäft, "wir nehmen sie fast überall mit hin", sagt das Frauchen. Und zum ersten Mal entdecken die beiden, dass sie so manche deutsche Sitte auch vermissen werden, wenn sie eines Tages in ihre Heimat zurückkehren. Das erste Mal: Neue Erfahrungen zu machen, bedeutet Aufregung und Abenteuer, Spannung und Emotion. Der TV stellt in einer Serie Menschen vor, die sich auf unbekanntes Terrain gewagt haben und erzählt, wie es ihnen dabei erging.

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