Umbruch bei den Trierer Grünen - Harte Kritik am Vorstand - Sechs Neue im Amt - Bündnis mit CDU soll im Januar stehen

Trier · Vorwürfe, Denkzettel und Vertrauensbeweise: Der Trierer Stadtverband von Bündnis 90/Die Grünen hat sich in einer rekordverdächtig langen Mitgliederversammlung personell neu aufgestellt. Das Ziel einer festen Zusammenarbeit mit der CDU im Stadtrat bleibt bestehen.

 Der neue Vorstand der Trierer Grünen: Wolf Buchmann und Johannes Wiegel (vorne von links), Peter Hoffmann, Mareike Lieb, Christa Jessulat und Antje Eichler (zweite Reihe von links), Isabel Lutz, Hans-Peter Simon und Felizitas Boie (dritte Reihe von links). TV-Foto: Marcus Hormes

Der neue Vorstand der Trierer Grünen: Wolf Buchmann und Johannes Wiegel (vorne von links), Peter Hoffmann, Mareike Lieb, Christa Jessulat und Antje Eichler (zweite Reihe von links), Isabel Lutz, Hans-Peter Simon und Felizitas Boie (dritte Reihe von links). TV-Foto: Marcus Hormes

Foto: TV-Foto: Marcus Hormes

Viereinhalb Stunden debattierten, kritisierten und wählten die Trierer Grünen am Mittwochabend im Café Balduin. Die Doppelspitze bilden künftig der mit nur 61 Prozent der Stimmen wiedergewählte Wolf Buchmann und Überraschungskandidatin Antje Eichler (89 Prozent).

Kritikpunkte: Bei der Aussprache über die Legislaturperiode attestierte Grünen-Urgestein Horst Steffny dem Vorstand zwar "organisatorisch eine Tiptop-Arbeit". Es sei jedoch kaum Zeit gewesen, über bundes- und landespolitische Themen zu diskutieren. Die Neuausrichtung zur CDU (siehe Extra) passt Steffny nicht: "Es herrschen völlige Irritationen, wo wir stehen." Von Sprecher Wolf Buchmann sei er enttäuscht: "Immer links blinken und rechts abbiegen geht nicht."
Laut Dominik Heinrich, Stadtratsmitglied und Ortsvorsteher von Trier-Mitte/Gartenfeld, ist der Vorstand "von einem Fettnäpfchen ins andere" getreten. Er verwies beispielhaft auf die Äußerung der bisherigen Vorstandssprecherin Petra Kewes, die die CDU-Oberbürgermeister-Kandidatin Hiltrud Zock vor der Stichwahl als "supersympathisch" bezeichnet hatte.
Die Mitglieder erteilten dem Vorstand bei acht Enthaltungen die politische Entlastung.

Wortgefecht: Bei den Neuwahlen bekam Buchmann weiteren Gegenwind. Heinrich beklagte bei ihm "erhebliche Defizite" im Vertreten der Parteipositionen. Er sei "in vielen Punkten beratungsresistent". Es fehle an Kommunikation zwischen Parteivorstand und Ratsfraktion. Dem widersprach Petra Kewes, die nicht mehr kandidierte: "Die Kommunikation war nie besser." Allerdings habe der Stadtverband "viel zu spät angefangen, mit der Basis zu diskutieren, ob wir einen eigenen OB-Kandidaten haben wollen oder nicht". Zur Erinnerung: Grünen-OB-Kandidat Fred Konrad schied im ersten Wahlgang mit 17,95 Prozent aus.

Buchmann räumte ein, nicht alles sofort weitergegeben zu haben. Der Vorstand habe jedoch immer ein Mandat der Mitglieder für seine Handlungen gehabt.

23 Mitglieder stimmten für eine weitere Amtszeit von Jurist Buchmann, 15 dagegen. Dessen Kommentar: "Die Botschaft ist angekommen."

Karrieresprung: Antje Eichler (38) kandidierte als Einzige für den weiblichen Part der Doppelspitze. Geborgen in Gera/Thüringen, lebt die verheiratete dreifache Mutter seit 2010 in Trier und arbeitet als Redakteurin in der Pressestelle der Uni. Sie ist seit 2008 Parteimitglied und sitzt seit kurzem im städtischen Bauausschuss. Ihre Ziele: "Wir müssen unsere Arbeit mehr kommunizieren an Mitglieder und Öffentlichkeit. Wir müssen uns neu positionieren und brauchen Verbündete." Mit 32 Ja-Stimmen bei vier Nein-Stimmen und drei Enthaltungen stieg Eichler zur Vorstandssprecherin auf.

Wechselstimmung: Neben Kewes scheiden Thorsten Kretzer, Herbert Sandkühler, Haureh Hussein und Gudrun Backes aus dem Vorstand aus. Peter Hoffmann (28) bleibt Schatzmeister. Vertreterin der Grünen Jugend: Felizitas Boie (23). Beisitzer: Isabel Lutz (37), Mareike Lieb (27), Christa Jessulat, Hans-Peter Simon (beide 59) und Johannes Wiegel (23).Meinung

Neue Kapitänin in stürmischer Zeit

Von Marcus Hormes

Die Grünen haben ihre Ziele bei der Kommunalwahl verfehlt. Statt der angepeilten zwölf Sitze im Stadtrat wurden es nur neun. OB-Kandidat Fred Konrad landete bei ernüchternden knapp 18 Prozent. Das mögliche Bündnis mit der CDU bedeutet eine Zerreißprobe für die Partei.

In solch stürmischen Zeiten genügten zwei unglückliche Aussagen von Sprecherin Petra Kewes, um sich damit selbst von der Kommandobrücke zu blasen: CDU-Kandidatin Hiltrud Zock sei "supersympathisch", und das CDU-Lieblingsprojekt Moselaufstieg mache Kewes "keine Bauchschmerzen", da dafür ohnehin nie Geld da sein werde. Durchaus treffend, aber politisch-ideologisch brisant. Auch Sprecherkollege Wolf Buchmann bekam von den Mitgliedern einen Denkzettel.

Da passt es bestens ins Bild, dass die neue Sprecherin ausgerechnet ein Profi für Öffentlichkeitsarbeit ist. Die Erwartungen an Antje Eichler sind also hoch, das Grünen-Schiff sicherer durch die Untiefen zu steuern.

m.hormes@volksfreund.de
Extra: Stand der Verhandlungen mit der CDU

Reiner Marz skizzierte den Weg zu einem möglichen Bündnis zwischen Grünen und CDU im Stadtrat: "Wir verknüpfen die Verhandlungen auch mit den Haushaltsberatungen. Auf Grundlage unseres Wahlprogramms bringen wir in vier Arbeitsgruppen, die sich inhaltlich an den Dezernaten orientieren, unsere Forderungen ein. Die Verhandlungskommission führt die Ergebnisse zusammen und entwirft eine Vereinbarung, die Grüne und CDU in ihrer jeweiligen Mitgliederversammlung zur Abstimmung stellen. Diese Entscheidung soll im Januar 2015 fallen, da der Stadtrat am 5. Februar den Doppelhaushalt verabschiedet."

Im Erfolgsfall seien die Aussichten für die Ratsarbeit gut: "Die Piratin und die Linken sind auch noch da. Wir werden also voraussichtlich breite Mehrheiten bekommen." cus

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