Unauffällig, aber effektiv

TRIER-SÜD. Mehr als 400 Menschen steuern immer ein gewisses rot verklinkertes Gebäude in der Südstadt an, wenn sie zur Arbeit fahren - zu einer wenig geschätzten Einrichtung: dem Finanzamt. Dass die Behörde sich unauffällig in den Stadtteil einpasst, ist gewollt.

 Wollen in ihrem unauffälligen Gebäude fehlerarm und unauffällig arbeiten: Die Mitarbeiter des Finanzamts Trier, ganz rechts Amtsvorsteher Jürgen Kentenich.Foto: Jutta Edinger

Wollen in ihrem unauffälligen Gebäude fehlerarm und unauffällig arbeiten: Die Mitarbeiter des Finanzamts Trier, ganz rechts Amtsvorsteher Jürgen Kentenich.Foto: Jutta Edinger

Steuern eintreiben hat in Trier Tradition: Schließlich richteten die Römer hier die erste Finanzverwaltung weit und breit ein. Wo und wie in Trier heute die Steuern verwaltet werden, bleibt von vielen unbemerkt. Rund 420 Menschen, darunter 23 Auszubildende, gehen in der Hubert-Neuerburg-Straße 1 in einer der 20 Abteilungen ihrem Beruf mit dem zweischneidigen Sozialprestige nach. 80 der 420 sind im Außendienst im Einsatz und als Betriebs-, Umsatzsteuer- oder Lohnsteuerprüfer unterwegs. Triers Finanzamt ist das größte im ehemaligen Regierungsbezirk und das zweitgrößte in Rheinland-Pfalz.Steuererklärungen am laufenden Band

Als 1974 das Finanzamt Saarburg übernommen wurde, platzte der 60er-Jahre Bau am Irminenfreihof, in dem heute die Staatsanwaltschaft und das Verwaltungsgericht residieren, aus allen Nähten. In der Dietrichstraße, später in der Johannisstraße, saß die ausgelagerte Steuerfahndung, In der Olk die Lohnsteuerstelle, und die Betriebsprüfer brüteten im Dachgeschoss des Seitenflügels der Abtei St. Matthias über ihren Berichten. 1991 dann ein Lichtblick: In der Hubert-Neuerburg-Straße, dort, wo früher eine Zigarettenfabrik Tabakwaren produzierte, sollte auf Wunsch der Stadt ein neues Finanzamt gebaut werden. Es sollte für den Bürger leicht zu erreichen sein und gleichzeitig die vorhandenen Strukturen im Stadtteil nicht zerstören. Bis vor kurzem verriet noch nicht mal ein Verkehrsschild Autofahrern den Weg zum Finanzamt.Rotbraune Klinker erhalten den Bezug zum Fabrikgebäude und zur Bauweise in direkter Nachbarschaft, die "Zwei-Bananen-Form" passt sich der Straßenführung an, und mit nur drei Etagen ragt der Behördenbau nicht höher als die umliegenden Wohnhäuser in den Himmel. Der öffentliche Weg in die angrenzende Grünanlage blieb zugänglich.Um in die Saarstraße zu gelangen, gehen so täglich viele Trier-Süder unter dem Glasdurchgang des Finanzamtes hindurch. Man könnte auch sagen: Das Finanzamt ist optimal getarnt. "Für die damalige Zeit war diese Bauweise ein ungewöhnlicher Schritt. Am liebsten hätte man damals nach Baader-Meinhof noch Stacheldraht um das Amt gezogen", sagt ein Finanzbeamter, der schon seit 40 Jahren dabei ist. Die offene Bauweise ist Programm: Mit langen Öffnungszeiten und einem Service-Center soll auch das Finanzamt serviceorientiert arbeiten - ein Konzept, das in Trier entwickelt wurde. Dafür erwartet Amtsvorsteher Jürgen Kentenich, der seit kurzem die Geschicke der Behörde leitet, aber keinen großen Applaus: "Wir als Finanzamte möchten fehlerarm und vor allem unauffällig arbeiten".Durch moderne Software schneller geworden

Da ist es fast ein Widerspruch, dass es nur wenige Meter entfernt die Kentenichstraße gibt. "Mit dem Namensgeber bin ich weder verwandt noch verschwägert", stellt der Amtschef belustigt fest."Durch den Einsatz modernster Software und Computer-Technik sind wir schneller geworden", erklärt Klaus-Robert Braus, Sachgebietsleiter Umsatzsteuer und verantwortlich für das Controlling. Die Finanzämter prüfen heute auch ihre Leistung und Wirtschaftlichkeit. Durchschnittlich acht bis zehn Steuererklärungen gehen am Tag durch die Hand eines Finanzbeamten in Trier, der über die Datenleitung die errechneten Zahlen zum Rechenzentrum in Koblenz schickt.Ein Trier-Süder ist Betriebsprüfer Reinhold Müller. Er zog 1990 in die Wohnanlage der GBT nur wenige Schritte von seinem Arbeitsplatz entfernt. "Manch einer hier in Trier-Süd beschwert sich, dass alles zugeparkt sei, dabei haben wir eine Tiefgarage", sagt Müller.Den Mitarbeitern des Finanzamts gefälllt die Lage: "Wir genießen das Umfeld hier in Trier-Süd, die Nähe zum Park und zur Saarstraße", sagt Müllers Kollege. Wer gerade in der Eisdiele "San Marco" sein Spaghetti-Eis verputzt, dem kann es passieren, dass der Tischnachbar ein Finanzbeamter in der Mittagspause ist. Morgen in unserer Stadtteil-Serie: Reihenweise Baudenkmäler - das Erbe der Gründerzeit.

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