Ungeheuer ohne Schrecken

Mit dem Puppenmärchen "Die entführte Prinzessin" brachte die Kieler Figurentheaterbühne Marc Schnittger in der Tufa Kinderaugen zum Leuchten. Gebannt verfolgten die kleinen Zuschauer eine fantasievolle und abenteuerliche Geschichte um Prinzessin, Prinz, Ritter und Drache, die durchaus zeitgemäßen Inhalt hatte.

Trier. (ae) Wenn Kinder im Alter von fünf und nur wenig mehr Jahren etwa eine Stunde lang konzentriert und still in einem abgedunkelten Saal sitzen, obwohl draußen schönstes Eis schleckwetter herrscht, muss schon etwas Besonderes ihre Aufmerksamkeit fesseln. Tatsächlich zieht allein schon das Bühnenbild zu "Die entführte Prinzessin" (nach dem gleichnamigen Buch von Karen Duve) in Bann. Mit raffinierten Klappmechanismen, klaren Farben und aussagekräftig gestalteten Details wie Blumen, Flaggen oder einem Fernrohr zaubert es im Handumdrehen verschiedene Bilderbuch-Szenerien, von der Burg über den Schlossgarten bis zum Schiffsdeck. Genauso liebevoll sind die Figuren, Hand- und Stabpuppen, gezeichnet. Gleich am Anfang bringen rotbärtige behelmte Nordmänner mit ihrer deftigen, aber sympathisch schusseligen Art die Kinder zum Lachen. Bei ihnen ist Prinzessin Lisvana zu Hause, um deren Hand Prinz Diego aus dem südländischen, kapriziös, kühl und blau charakterisierten Königshaus Baskarien anhält. Da es jedoch einen Rivalen, den Ritter Bredur, gibt, entwickelt sich eine an Sagen angelehnte Geschichte mit Kampf und Entführung, in deren Verlauf auch ein Drache auftaucht. Marc Schnittgers spielt und erzählt sie, teils als Sprecher vor der Bühne, stringent, mit feinironischer (Situations-)Komik, mit Spannung, aber ohne jeden Schrecken. Denn sein Drache ist ein Feigling, sein Zauberer überfordert und sein Ritter tollpatschig. So wird raffiniert vermittelt, dass die wahren Ungeheuer, die es zu besiegen gilt, Stolz, Eitelkeit und Unehrlichkeit sind. Die nämlich bestimmen die Gefühlswelt der Prinzessin und ihrer Verehrer, was sich in Dialogen und Verhaltensweisen äußert, die aus dem (heutigen) Leben gegriffen sind. Natürlich wird am Ende alles gut, und nicht nur dafür spenden Kinderhände ungewöhnlich lang anhaltenden Applaus.

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