Unter Freunden

TRIER-NORD. (chj) Oft kommt es nicht vor, dass eine Band ein Festival veranstaltet. Bei "Feinklang 2006", das die Trierer Formation "Polarmode" im Balkensaal des Exhauses organisierte, war dies der Fall.

Das kleine Festival ist die Fortsetzung einer Party. Im vergangenen Sommer spielten "10 Grad kälter" und "Polarmode", die damals noch "Clint" hießen, bei einer privaten Feier in einem Hinterhof. Da unangemeldete Open-Air-Konzerte in Wohngebieten selten bei allen Zuhörern auf Zuspruch stoßen, beendete die Polizei beim zweiten Stück von "Polarmode" die Veranstaltung. Das Konzert sollte in einem offiziellen Rahmen wiederholt werden. Das taten die beiden Bands mit Unterstützung von Jimi Berlin im Exhaus.Angenehme Jazz-Standards

Dass die Ordnungskräfte damals nicht bei "10 Grad kälter" einschritten, liegt am Stil des Quintetts. Die Gruppe, die seit Mai 2005 besteht, spielt angenehm entspannte Jazz-Standards. Der Bandname ist alles andere als Programm, denn vor allem der verführerische, sanfte Gesang (Englisch, Portugiesisch und Isländisch!) von Karin Dühr wirkt wärmend. "Polarmode" haben keinen erkennbaren Bezug zu ihrem Namen. Bekleidet sind die vier Herren nicht mit Daunenjacken, sondern wie eine Disko-Version von Kraftwerk. Wegen möglicher Verwechslungsgefahr mit einer Hamburger Band benannten sich die Musiker kürzlich um und verbanden damit einen stilistischen Richtungswechsel. Seit dem "Bunker bebt"-Festival Anfang Januar singt Christoph Schaan nur noch deutsche Texte. Dadurch ist die Musik leider bei vielen Stücken in den Hintergrund gerückt. Bis zu den "harten Sachen" (Schaan) am Schluss, drei erfrischenden Grunge-Nummern, hören sich "Polarmode" etwas monoton an. Inzwischen ist Jimi Berlin wieder eingetroffen, der den Schlagzeuger von "10 Grad kälter" zu einer Party chauffierte. Nicht nur die Musiker kennen sich alle untereinander, auch die meisten der 50 Besucher sind miteinander vertraut, da sie sich auf der Rundmailliste von Herrn Berlin befinden. Auf die Veranstaltung wurde in der Öffentlichkeit kaum hingewiesen. Berlin zeigt den ausgebufftesten Auftritt des Abends, obwohl er "die ganze Woche nicht geprobt" habe. Dadurch fliegen die anspruchsvolleren Stücke mit mehr als vier Akkorden kurzerhand von der Songliste. Aber zum einen hat der eloquente Popgitarrist ein reiches Repertoire, zum anderen kommt es mehr auf seine Texte an, die ein Alltagsbild vermitteln, in dem es so viel Glamour gibt wie in einer Plattenbausiedlung. Berlin ist ein vorzüglicher Entertainer, der sich den Spaß macht, mit einem inzwischen etwas unkonzentrierten Publikum eine Sing-Along-Nummer einzuüben. "Wenn wir das nicht hinkriegen, spiele ich zwei Stunden lang Metal-Soli." Große Mühe gaben sich die Zuhörer nicht, blieben aber von dem Griff in die Riff-Kiste verschont. Um kurz nach zwölf hat jeder Künstler 45 Minuten lang gespielt. Fast geschlossen zieht es Musiker und Gäste zu einer Veranstaltung in der Innenstadt. Die Polizei musste nicht anrücken.

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