Unterbesetzt und überlastet

TRIER. Sie finden Verstorbene in Wohnungen voller Müll und Dreck, müssen mit Randalierern fertig werden oder psychisch oder suchtkranke Menschen daran hindern, sich selbst oder andere zu verletzten. Der Arbeitsalltag der acht kommunalen Vollzugsbeamten des Trierer Ordnungsamts wird geprägt von der gesamten Bandbreite menschlichen Elends.

 Zum Alltag der kommunalen Vollzugsbeamten gehören Gespräche mit Obdachlosen. Sie sollen vor Gesundheitsschäden durch winterliche Kälte geschützt werden. TV-Foto: Jörg Pistorius

Zum Alltag der kommunalen Vollzugsbeamten gehören Gespräche mit Obdachlosen. Sie sollen vor Gesundheitsschäden durch winterliche Kälte geschützt werden. TV-Foto: Jörg Pistorius

Der lange Arm des Ordnungsamtes ist unterbesetzt, überlastet und deckt einen riesigen Verantwortungsbereich ab - eine von vielen Gemeinsamkeiten mit der Polizei. Auch äußerlich könnte man die acht Mitarbeiter des Vollzugsdienstes mit schwarzer Lederjacke, grüner Uniformhose, Funkgerät und Handschellen für Polizisten halten. Doch sie sind es nicht, auch wenn sich beide Seiten als Ordnungshüter verstehen und eng zusammenarbeiten. Wenn körperliche Gewalt ins Spiel kommt, wird den Vollzugsbeamten der "geordnete Rückzug" empfohlen. Dann muss die Polizei ran.Hilflose Menschen in verdreckten Wohnungen

Es wäre dennoch völlig falsch, den Vollzugsdienst als "Hilfspolizei" zu definieren. Manche seiner Einsätze lesen sich wie Szenen aus einem Horrorfilm. Die Mitarbeiter werden zu hilflosen Personen gerufen, die ohne Pflege allein in mit Müll voll gestopften und total verdreckten Wohnungen leben. Sie werden auch gerufen, wenn der Verwesungsgestank eines unbemerkt gestorbenen Menschen aus seiner Wohnung ins Treppenhaus wabert und die Nachbarn schließlich den Notruf absetzen. Sie müssen sich um gequälte und halb verhungerte Tiere kümmern, deren Halter sie in winzigen Wohnungen einsperren und dort leiden lassen. Sie müssen psychisch Kranke und Süchtige in Krankenhäuser bringen. Schon seit Jahren sind der Verantwortungsbereich und die körperliche wie auch psychische Belastung zu groß, die Personalstärke ist dagegen zu klein. "Daran hat sich nichts geändert", sagt Roman Schmitz, der Leiter des kommunalen Vollzugsdienstes. Von einer Veränderung könne man allenfalls intern sprechen. "Wir lassen uns nicht mehr wie Flipperbälle hin und her schießen." In Zusammenarbeit mit der Kripo Trier setzt Schmitz auf stadtteilorientierte Kriminalprävention. "Ich kläre die Ortsbeiräte auf, welches Verantwortungsspektrum der Vollzugsdienst hat, und versuche ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir auf Tragödien wie kranke und allein lebende alte Menschen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, früher aufmerksam werden." Bevor es zu spät ist und die Leiche tagelang unbemerkt in der Wohnung liegt. Diese Art der Prävention soll den Vollzugsdienst und die Polizei auch in die Lage versetzen, schnell auf Gerüchte reagieren zu können. Roman Schmitz konstruiert einen fiktiven Fall: "Mal angenommen, es gibt das Gerücht, auf einem Spielplatz wird mit Drogen gedealt. Über den Ortsbeirat landet die Sache bei uns und natürlich bei der Polizei, die dann auch sofort überprüfen kann, ob sie schon Erkenntnisse zu diesem Fall hat." Das Resultat: Schnell klicken die Handschellen, der Dealer verschwindet. Der Personalmangel wird ein Problem bleiben. "Ich muss mit dem Mitarbeiterstand klarkommen, den ich habe", sagt Schmitz. "Trier hat Glück, einige unserer Vollzugsbeamten sind ehemalige Polizisten."

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