Verblasster Schock

TRIER. (kat) Beim sechsten Trierer Aids-Tag, veranstaltet vom regionalen Aids-Beirat im Gesundheitsamt, informierten sich Interessierte über Aktuelles zur Krankheit: Das Bewusstsein für die HIV-Gefahr nimmt in Deutschland ab. Therapien sind erfolgreich.

Rund 3 Millionen Menschen sind im Jahr 2003 an Aids gestorben - so viele wie in keinem Jahr zuvor. Am schlimmsten betroffen sind südafrikanische Länder. In Deutschland infizieren sich jährlich 2000 Menschen neu. Doch ein neues Problem zeichnet sich ab: Der Aids-Schock der 80er Jahre ist verblasst. Ungeschützter Geschlechtsverkehr nimmt zu. Der Zuwachs von diagnostizierten sexuell übertragbaren Krankheiten, wie der Syphilis, bereitet den Medizinern und den Mitgliedern des Trierer Regionalen Aids Beirats Sorgen und ist ein Indiz für die Abnahme des Kondomgebrauchs. Unaufgeklärtheit und die laut Dr. Rieke verbesserte Behandelbarkeit von HIV-Patienten verführe zu dem "Spiel mit dem Feuer".Angst vor Diskriminierung ist geblieben

Wo steht die Medizin heute? "Ein Herausholen des Virus aus dem Körper ist derzeit noch nicht möglich. Der HIV-Patient braucht eine lebenslange Therapie", so Dr. Ansgar Rieke. Die medizinische Strategie, die regelmäßige Kontrolle des Patienten und die konsequente Einnahme der Arzneimittel spielten eine wichtige Rolle für den Erfolg. "Mit einer Therapie hat der HIV-Patient möglicherweise eine normale Lebenserwartung. Noch nicht beurteilt werden kann, welche Rolle den Nebenwirkungen zukommt", so Rieke. Von großartigen Entwicklungen im Bereich HIV-infizierter Kinder berichtete auch Dr. Bernd Buchholz, HIV- Arzt vom Klinikum Mannheim. "Kinder werden fast ausschließlich durch Mutter-Kind-Übertragung mit dem Aids-Virus infiziert", so Buchholz. Nach einer positiven Testung wird die Schwangere vorsorglich therapiert, das Kind kommt per Kaiserschnitt zur Welt. "Gekoppelt mit einer anschließenden Therapie des Neugeborenen und einem Stillverzicht kann das Ansteckungsrisiko gesenkt werden", so der Mediziner. Das Problem: Da ein Test während der Schwangerschaft freiwillig ist, wirke sich der laut Bernd Buchholz spürbare Konkurrenzkampf, der unter Gynäkologen herrsche, auf den Kampf gegen HIV-Infektionen bei Kindern negativ aus. "Häufig schlagen Frauenärzte, um die Patientin nicht beleidigen zu wollen, den Test nicht vor", so der Facharzt. Während die Medizin Fortschritte verzeichne, ist laut Buchholz ein weiteres Problem geblieben: "Die Aids-Erkrankung eines Kindes bleibt aus Angst vor Diskriminierung meist ein Familiengeheimnis und stellt eine enorme psychische Belastung für die jungen Patienten dar."

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