Verein Nestwärme eröffnet ambulante Brückenpflege in der Christophstraße

Trier · Eltern schwerstbehinderter Kinder schulen und entlasten: Das ist das Ziel der ambulanten Brückenpflege des Vereins Nestwärme. Zusammen mit Starköchin Léa Linster hat der Verein das Angebot gestartet. Bis zu fünf Eltern können so gleichzeitig den richtigen Umgang mit ihrem Kind und den Geräten lernen.

 Der Verein Nestwärme und seine Unterstützer eröffnen die ambulante Brückenpflege (von links): Bürgermeisterin Angelika Birk, Pflegedienstleiterin Sonja Groeger, Nicole Reh von der Stiftung Rehkids, Chefarzt Dr. Wolfgang Thomas, Nestwärme-Vorstand Elisabeth Schuh, Nestwärme-Botschafterin Léa Linster und Anja Nürnberg von der RTL-Stiftung.

Der Verein Nestwärme und seine Unterstützer eröffnen die ambulante Brückenpflege (von links): Bürgermeisterin Angelika Birk, Pflegedienstleiterin Sonja Groeger, Nicole Reh von der Stiftung Rehkids, Chefarzt Dr. Wolfgang Thomas, Nestwärme-Vorstand Elisabeth Schuh, Nestwärme-Botschafterin Léa Linster und Anja Nürnberg von der RTL-Stiftung.

Foto: Manuel Beh

Mit großen, braunen Augen beobachtet die vierjährige Fatima ihre Umgebung. Sie ist schwerstbehindert. Sie kann nicht schlucken und husten, nicht sprechen und sitzen. "Als Außenstehender kann sich keiner vorstellen, wie sich unser Leben verändert hat. Anfangs dauerte es lange, bis wir die Krankheit akzeptiert hatten. Wir hofften, bald aufzuwachen", erzählt Canan Azak, Fatimas Mutter. Ihr Mann Adem erklärt, dass sie die Pflege die ersten zwei Jahre alleine bewältigt haben: "Wir hatten kein Leben mehr und waren 24 Stunden am Tag für Fatima da. Wir mussten unsere Berufe aufgeben." Es habe zwar geholfen, dass Canan Azak Ärztin sei, dennoch stelle die Pflege eines behinderten Kindes neue Anforderungen. Daher beschreiben beide die Unterstützung durch den Verein Nestwärme als "große Hilfe".

Das Projekt der ambulanten Brückenpflege ist nun gestartet. Ziel des Angebots ist es, Familien mit behinderten Neugeborenen den Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Pflege zu Hause zu erleichtern, sagt Elisabeth Schuh, zweite Vorsitzende des Vereins Nestwärme Deutschland: "Wir sind weder eine Palliativstation noch ein Kinderhospiz. Wir zeigen Perspektiven auf, die im Alltag mit einem behinderten Kind genutzt werden können. Der Lebenswille steht im Mittelpunkt. Wir möchten den Eltern den Druck nehmen, der durch die Anforderungen entstanden ist."

Nach dem Aufenthalt im Krankenhaus haben Eltern mit schwerstbehinderten Kindern die Möglichkeit, sich in den Räumen der Nestwärme einzumieten und ihr Alltagsleben zu organisieren. Dabei betreuen bis zu acht Mitarbeiter rund um die Uhr das Kind und helfen den Eltern bei der Bedienung der Geräte und im Umgang mit Notsituationen. "Wir raten Eltern, das Angebot mindestens vier Wochen zu nutzen. Unsere Mitarbeiter haben eine dreiwöchige Zusatzausbildung absolviert und stehen den Eltern mit Rat und Tat zur Seite", sagt Schuh.

Nach zwei Jahren Planung und sechs Monaten Umbau hat Starköchin Léa Linster als Botschafterin der Nestwärme die neuen Räumlichkeiten in der Christophstraße eingeweiht. In den ehemaligen Büroräumen der Nestwärme sind fünf Familienzimmer entstanden, in denen jeweils ein behindertes Kind mit einem Familienangehörigen wohnen kann. Küche, Bad und Flur werden gemeinschaftlich genutzt, um die Kommunikation untereinander zu fördern. Die medizinischen Geräte und auch das Bett müssen mitgebracht werden.

Nähe zu Mutterhaus

Finanziert werden konnte das bundesweite Pilotprojekt über Spenden (siehe Extra). Für den Standort in der Innenstadt habe sich das Nestwärme-Team bewusst entschieden, da im Notfall die Nähe zum Mutterhaus gegeben sei.
Bei der Vorbereitung war Dr. Wolfgang Thomas, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin im Mutterhaus, bereits beteiligt: "Die Familien sind nach der Geburt eines behinderten Kindes emotional und finanziell stark belastet. Zudem existieren Berührungsängste. Mit Pflegern kommen fremde Menschen ins Haus, und die Privatsphäre schwindet. Hierbei hilft die ambulante Brückenpflege. Sie sieht die Situation im Ganzen und schafft Kontakte." Die Atmosphäre werde dazu familiär gehalten, um so weg vom Flair eines sterilen Krankenhauses zu kommen.

Mittlerweile ist schon das erste Kind eingezogen: ein Frühchen mit seiner Mutter aus Saarbrücken. Wenn die ambulante Brückenpflege langfristig gut angenommen wird, schließt Schuh nicht aus, dass das Angebot auch in anderen Städten etabliert wird.

Weitere Infos unter www.nestwaerme.deFinanzierung

Grundlage der ambulanten Brückenpflege sind Spenden in Höhe von 850 000 Euro. Davon stammen allein 500 000 Euro von der Trierer Stiftung Rehkids des Ehepaars Nicole und Nick Reh. Im letzten November nahm das Projekt beim RTL-Spendenmarathon teil, der von der RTL-Stiftung "Wir helfen Kindern" organisiert wird. Projektpate war Fußballer Mario Götze (der TV berichtete). "Wir erhalten fünf Anfragen pro Tag. Wir können aber nur höchstens acht Projekte unterstützen. Das spricht für die Brückenpflege", erklärt Anja Nürnberg, Vorstandsmitglied der RTL-Stiftung. Zudem müssen die Eltern für Kost und Logis selbst aufkommen. beh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort