Verkatert und bekifft

TRIER. Die neue Liedermacher-Schule: Im Rahmen seiner aktuellen Tournee gastierte Götz Widmann im reichlich besuchten Trierer Exil.

Im rappelvollen Exhaus hat Götz Widmann leichtes Spiel: Schon sein musikalischer Gast des Abends, der Autor und Bassist Heinz Ratz, trifft beim Anheizen auf ein sehr wohlwollendes Publikum. Als kurz darauf Widmann, im Auftritt eher unspektakulär, musikalisch und textlich aber umso überzeugender, seine "Halbakustische" einstöpselt, wird jeder seiner satirischen Songs, ob aus seiner Solozeit oder noch aus legendären "Joint Venture"-Tagen, enthusiastisch gefeiert. Widmann ist neben Musikern wie Bernd Begemann, Funny van Dannen und Hans Söllner eines der "Ur-Gesteine" einer neuen Generation von deutschen Liedermachern, der so gar nichts von der gelegentlich etwas moralinsauren Bräsigkeit eines Hannes Wader oder Reinhard Mey anhaftet. Widmanns bissige Kleinode kreisen meist um eine Handvoll private Themen: Die Sorgen und Freuden des Cannabiskonsumenten, Sex sowie die preußische Arbeitsethik (oder die Unlust, diese zu teilen). Und so erzählt der 41-Jährige von Hank, dem ersten Haschischtoten (dem nicht der Konsum zum Verhängnis wurde, sondern der unter unsachgemäß transportierter Schmuggelware begraben wurde) und wird aus vielen inbrünstigen Kehlen begleitet bei seinem Gruß "Tach, Herr Chef": "Ich will Ihnen was sagen: Ich mag sie nicht!" Einige dieser Songs haben inzwischen ein dickes Jahrzehnt auf dem Buckel und stammen aus der Zeit, in der Widmann mit seinem inzwischen gestorbenen Kollegen Martin "Kleinti" Simon das legendäre Duo "Joint Venture" bildete, um frischen Wind in das beinahe bedeutungslos gewordene Liedermacher-Genre zu blasen. Den überschaubaren Themenkosmos aus damaligen Zeiten erweitert Widmann in seinen Solowerken gerne mal um leisere, nachdenklichere Töne - und weiß auch mit diesen seine Fans zu überzeugen, etwa mit seiner Geschichte von den Trauben, deren brennende Sehnsucht nach gegenseitiger Verschmelzung im Wein endlich Wirklichkeit wird. Bei der Geschichte von Eduard, dem Drogenspürhund, der eines Tages beschließt, auf der Landkommune die verbotenen Früchte lieber selbst zu naschen, bellen die Fans herzhaft mit. Und dass trotz Widmanns unverhohlener Vorliebe für illegale Rauschmittel auch die Liebe zum Land der Coffeeshops Grenzen hat ("Wenn's um Fußball geht, hass' ich Holland wie die Pest!"), findet ebenfalls Zustimmung. Nach über drei Stunden Spielzeit und etlichen Zugaben entlässt Widmann ein dankbares Publikum mit dem guten Gefühl, in manchen Dingen vielleicht anders zu sein als der Durchschnitt - aber eben nicht alleine. Wer nach diesem Abend Lust bekommen hat auf mehr moderne Liedermacher, dem kann geholfen werden: Am Samstag, 13. Mai, spielen sechs Musiker zusammen als die "Monsters of Liedermaching" im Exhaus.

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