Verkleideter Junge mit seinen Großeltern aus Trierer Bistumskirche verwiesen

Trier · Da verstand das Aufsichtspersonal keinen Spaß: Ein kleiner „Indianer“ ist wegen seiner Verkleidung aus dem Trierer Dom geworfen worden. Die Großeltern des sechsjährigen Jungen sind entsetzt, die Domverantwortlichen um Schadensbegrenzung bemüht.

"Wir freuen uns auf euer Kommen!" - Mit diesen Worten werden Kinder auf der Internetseite des Trierer Doms besonders begrüßt. Dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit Welten klaffen können, hat dieser Tage der kleine Juan-Marcel aus Saarbrücken erlebt. Seine Großeltern Hiltrud und Herbert Hartmann hatten den Sechsjährigen für einen Ausflug nach Trier von der Schule abgeholt. Der Erstklässler war als Indianer verkleidet, trug einen prächtigen Kopfschmuck und Hosen mit Fransen. Dafür erntete der kleine Saarländer bewundernde Blicke in der Trierer Fußgängerzone, erzählt seine Oma Hiltrud.

Erst schauten sich die Ausflügler aus dem Saarland die Porta Nigra an, dann ging's zum Dom, wo die Drei allerdings ihr blaues Wunder erleben sollten. "Unser Enkel wollte uns gerade erzählen, an was er sich nach einer früheren Dombesichtigung noch erinnert, als ein Mann im dunklen Anzug auf uns zukam und entschieden auf das Kind gezeigt hat", berichtet Hiltrud Hartmann. "Mit dem Faschingskostüm muss der Junge hier raus", habe die Aufsichtsperson unmissverständlich gesagt.

Hiltrud Hartmann tat nach eigenen Angaben so, als hätte sie die Anweisung nicht verstanden, zog den Enkel zur Seite, doch der Mann habe sich erneut vor sie gestellt und mit der Hand Richtung Tür gewiesen: "Der Junge muss raus hier." Er habe "Anweisung von oben".

"Wir waren entsetzt und das Kind schockiert", sagt Herbert Hartmann, der seine Frau und den Enkel begleitet hat. Aber irgendwie passe der Vorfall ja ins Bild, das man von der katholischen Kirche habe, sagt der gläubige Katholik. Vieles gehe einfach an der Wirklichkeit vorbei.

Bei den Protestanten hatten die Hartmanns anschließend mehr Glück. In der Trierer Basilika durfte der kleine Indianer Juan-Marcel an einem Kindertisch malen und bekam von der Aufsicht sogar noch ein Buch geschenkt. "Damit war der Rausschmiss aus dem Dom vergessen", sagt die Großmutter, die sich noch am Wochenende in einem Schreiben an Bischof Stephan Ackermann über den Vorfall beschwert hat.

Auf Anfrage unserer Zeitung äußerten sich am Montag Dompropst Werner Rössel und Domdechant Franz Josef Gebert verwundert über den Vorfall. Es gebe keinerlei Anweisung, dass verkleidete Kinder nicht in den Dom dürften beziehungsweise wie man sich im Dom zu kleiden habe, sagte Gebert. Da die für die Aufsicht zuständige Dominformation am Montag geschlossen hatte, konnte sich die Verantwortlichen heute dort nicht über den Vorfall erkundigen. "Aber das wird nachgeholt", sagte Gebert, der hinzufügte: "Die Sache tut uns leid."

Hätte der Dom etwas gegen Narren, müsste womöglich sogar der Chef des Doms, Werner Rössel, um seinen Ehrentitel bangen. Der Dompropst ist nämlich Senator in Triers ältester Karnevalsgesellschaft Heuschreck.

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