Verpasst Trier den Startschuss?

Hauptschulen und Realschulen verschwinden, an ihre Stelle tritt die kombinierte "Realschule plus" oder, im Einzelfall, eine Gesamtschule: So lautet die klare Ansage des Landes. Aber die Stadt Trier tut sich mit der Umsetzung schwer.

Trier. Die betroffenen Schulen versuchen zurzeit vergeblich, Pflöcke einzuschlagen. Denn Anträge einreichen können nicht sie, sondern nur die Stadt als Schulträger.

Dabei überschneiden sich gleich mehrere Probleme. Denn Trier hat im Moment sieben Haupt- und drei Realschulen, die sich über die ganze Stadt verteilen. Das Land hat aber klare Kriterien bezüglich Größe und Struktur der neuen Schulen festgelegt: Dreizügig sollen sie werden, möglichst an einem Standort liegen, bis zu 25 Schüler pro Klasse aufnehmen. Legt man dieses Raster an die prognostizierten Trierer Schülerzahlen für die nächsten Jahre, dann reduziert sich der Bedarf auf fünf, mittelfristig sogar eher auf vier Schulen.

Aus 10 mach' 4: Dieses Rechen-Exempel scheint im zuständigen Dezernat manchem ein Rätsel aufzugeben. Zumal die Schulen untereinander konkurrieren. So galt bislang der Wolfsberg als Favorit für einen Gesamtschul-Standort. Die Kollegien der dort angesiedelten Ludwig-Simon-Realschule und der Cusanus-Hauptschule hatten frühzeitig Interesse angemeldet und schienen gesetzt. Man bereite sich derzeit mit Fortbildung und Organisationsplänen auf den Ernstfall vor, sagt Rektor Josef Linden.

Doch inzwischen haben auch die am Mäusheckerweg beheimatete Comenius-Realschule und die benachbarte Hauptschule Ehrang ihren Hut in den Ring geworfen. Und zwar nicht "einfach so", sondern mit klaren konzeptionellen Vorstellungen, die dem Konzept der Trierer Gesamtschul-Initiative nahekommen. Man wolle keine "Gesamtschule light", sondern eine umfassend integrierte, pädagogisch ambitionierte, hoch motivierte "Schule für alle", sagt Schulleiterin Marita Wenz. Die Nachbarschaft zum G8-Gymnasium FSG sieht sie dabei nicht als Hindernis. Ebenso wenig wie die Ambitionen am Wolfsberg: Trier biete "durchaus Bedarf für zwei Gesamtschulen". Ähnlich sieht es übrigens die Trierer SPD.

"Die Stadt muss sagen, in welche Richtung sie will."



Dritter Schulstandort dürfte das ehemalige TGT in Trier-Süd werden, wo eine Zusammenfassung der Pestalozzi-Hauptschule mit der Schuman-Realschule räumlich nahe liegt. Mit dem Gedanken, das derzeitige Gebäude in der Kaiserstraße aufzugeben, hat man sich an der Schuman-Realschule schon vertraut gemacht. Gesamtschule will man allerdings nicht werden. "Wir steuern auf Realschule plus hin, so wollen es auch die Eltern", betont Rektorin Monika Berg. Freilich müsse es bei einer Zusammenlegung im ehemaligen TGT-Komplex "erhebliche Investitionen in die Gebäudesubstanz geben".

Derweil plädiert der dortige Hausherr, Pestalozzi-Rektor Markus Lehnert, dafür, "nicht den einfachsten Weg über räumliche Zusammenlegungen zu gehen", sondern "erst inhaltliche Konzepte zu entwickeln und danach über Standorte zu reden". Die Schulen sollten "einen gemeinsamen Entwurf erarbeiten". Voraussetzung sei allerdings, "dass die Stadt sagt, in welche Richtung sie will".

Darauf warten auch andere händeringend. Zum Beispiel die Hauptschulen in Trier-West und Trier-Nord, deren Zukunft in den Sternen steht. Einerseits ist kaum denkbar, dass gerade diese Stadtviertel ohne weiterführende Schule dastehen. Andererseits wären zwei weitere, um schrumpfende Schülerzahlen konkurrierende "Realschulen plus" kaum dauerhaft überlebensfähig. Zumal wenn die Hauptschule Zewen, die ebenfalls in der Luft hängt, in Kooperation mit der Verbandsgemeinde Trier-Land eine Art "Stadt-Kreis-Realschule plus" werden sollte.

Viele offene Fragen, aber wenig Zeit, sie zu beantworten. Denn bei der ADD laufen die ersten konkreten Anträge aus dem Umland ein. "Für das Schuljahr 09/10 ist Trier schon zu spät an", registriert der zuständige Schulrat Peter Riedel. Andere sind da flotter, wie die Schweicher mit ihrem neuen Gymnasium, das erheblichen Einfluss auf den Standort Mäusheckerweg haben könnte.

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Meinung

Kopflos

Die Unruhe ist groß in den Trierer Haupt- und Realschulen. Zu Recht. Man sieht, dass andernorts Nägel mit Köpfen gemacht werden, während das Schiff in Trier schlingert. Statt zielgerichtet und zügig über eine pädagogisch fundierte Struktur im Bereich Realschule plus/IGS zu beraten und dann die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, droht die Eil-Angelegenheit im Gewusel um den Entwicklungsplan unterzugehen. Da muss schleunigst Abhilfe geschaffen werden - aber dafür müssen Politik und Verwaltung auch sagen, wohin sie wollen und was sie (sich leisten) können. Gut, dass wenigstens der OB das erkannt hat. Aber er muss seinen zuständigen Dezernenten auch zur Umsetzung drängen, sonst nützt die Erkenntnis keinem. Und das weiterhin dringend notwendige, ganzheitliche Entwicklungskonzept? Das wird man verschieben müssen. Weil nämlich Politiker vor Wahlen nur Wunschzettel ausstellen, aber keine Rechnungen. d.lintz@volksfreund.de

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