Verschieben statt sparen

TRIER. Die Entscheidung des Mainzer Bildungsministeriums, den Berufsschulstandort Trier bei der Ausbildung zur Umwelttechnischen Fachkraft aufzugeben, sorgt weiter für Wirbel. Vor allem die Schüler möchten sich nicht damit abfinden, künftig ab zweitem Lehrjahr in Neuwied unterrichtet zu werden.

Einiges spricht dafür, dass Sebastian Frickes Schulweg schon bald in eine Odyssee ausarten wird. "Bis nach Neuwied bin ich gut viereinhalb Stunden unterwegs", berichtet der angehende Abwassertechniker aus Fließem in der Eifel. Per Bahn wird der 16-Jährige künftig über Gerolstein und Köln zu seiner Berufsschule fahren müssen; eine automobile Mitfahrgelegenheit dürfte sich auf dieser Strecke schwerlich finden lassen. Einmal die Woche hin und retour - bleibt das Mainzer Bildungsministerium bei seiner Entscheidung, führt für Sebastian Fricke kein Weg an dieser Tortur vorbei. Ab Sommer sollen die Auszubildenden umwelttechnischer Berufe nach dem ersten Lehrjahr nicht mehr in Trier unterrichtet werden. Während die angehenden Fachkräfte für Rohr- und Kanalanlagen sowie Abfalltechnik schon jetzt im Blockunterricht in Gelsenkirchen und Bayern unterrichtet werden, bedeutet die neuerliche Entscheidung ein wirklich gravierender Einschnitt: Für regelmäßig zwischen acht und zehn Schüler bringt die Verlegung nach Neuwied erhebliche Belastungen mit sich. Denn Sebastian Fricke und seine Klassenkameraden müssen nun, neben erheblichen Fahrtkosten, auch Übernachtungen einplanen. Umschüler Oliver Christian befürchtet Schlimmes: "Das kann das Ende der UT-Berufe in der Region bedeuten." Und Tobias Dietz will schon gehört haben, dass sein Arbeitgeber nicht mehr ausbilden wird, sollten die Schüler tatsächlich nach Neuwied müssen. Auch Klaus Holbach, Leiter der Berufsbildenden Schule für Gewerbe und Technik in Trier (BBS GuT), kann die "Ad-hoc-Entscheidung" des Ministeriums nicht verstehen.Erhebliche Mehrbelastungen für die Schüler

Zwar habe man grundsätzlich Verständnis dafür, dass aufgrund immer geringer werdender Auszubildendenzahlen in vielen Berufen einige Berufsschulstandorte aufgegeben werden müssten. Doch im Fall der UT-Berufe in Trier spreche eigentlich alles gegen die Entscheidung aus Mainz. So würden nicht etwa Kosten in größerem Umfang gespart, sondern allenfalls verschoben. Tatsächlich fallen durch die Neuregelung bei der BBS GuT nur drei Schulstunden wöchentlich weg, da Grundstufe und Fachstufe I bislang in einer Sammelklasse unterrichtet werden. Die eingesparten Stunden bringen dem Land rund 7500 Euro im Jahr. Wenn die derzeit neun Schüler jedoch an 60 Tagen nach Neuwied fahren müssen, wird das Land pro Tag und Auszubildenden 6,50 Euro an Beihilfe für die auswärtige Unterbringung zahlen. Unterm Strich bleiben so dem Land lediglich knapp 4000 Euro Ersparnis. Derweil müssen die Schüler sich überlegen, wie sie die erheblichen Mehrbelastungen aufbringen sollen. Mit 6,50 Euro lässt sich schlechterdings eine Unterkunft finanzieren und für die höheren Fahrtkosten ist erst gar kein Ausgleich vorgesehen. "Hier wurde nicht gespart, sondern Kosten wurden auf uns verschoben", ärgert sich André Schwind, Auszubildender bei den Stadtwerken Wittlich. Die Schüler haben Bürgermeister und Landräte kontaktiert, und auch der Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), Josef-Peter Mertes wurde um Hilfe gebeten. Doch erst kürzlich hat Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) ihre Entscheidung bekräftigt. Bei Oliver Christian und seinen Kollegen hält sich die Begeisterung denn auch in Grenzen: "Die Stimmung ist schon ziemlich gedrückt." Verärgert sind die Schüler vor allem darüber, dass sie vor Beginn ihrer Ausbildung nicht informiert wurden, welcher Schulweg und welche zusätzliche Belastungen ihnen einmal bevorstehen könnten. "Wir wurden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt", sagen sie unisono.

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