Verurteilt, ausgegrenzt, deportiert

Knapp 2000 Jahre jüdische Geschichte in Trier: In einem umfassenden Vortrag skizzierte Reiner Nolden, Leiter des Trierer Stadtarchivs, den wechselvollen Verlauf der jüdischen Gemeinde.

 Hat den Überblick über zahlreiche mittelalterliche Quellen: Reiner Nolden, Leiter des Trierer Stadtarchivs, skizziert vor rund 35 Zuschauern in der Trierer Stadtbibliothek die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Trier. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Hat den Überblick über zahlreiche mittelalterliche Quellen: Reiner Nolden, Leiter des Trierer Stadtarchivs, skizziert vor rund 35 Zuschauern in der Trierer Stadtbibliothek die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Trier. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. (kbb) Alles begann mit einer antiken Öllampe: Eine Scherbe eben jenes Tongefäßes aus dem 2. oder 3. Jahrhundert zeigt den siebenarmigen Leuchter, das Symbol der Juden - und gibt einen ersten Anhaltspunkt auf den Beginn jüdischen Lebens in Trier. Überhaupt ist die Geschichte der Juden in der Region von vielen Höhen und Tiefen geprägt - von letzterem vor allem - und erweist sich im Verlauf der Jahrhunderte alles andere als geradlinig.

Diesen teils erstaunlichen, teils aber auch unheilvollen Verlauf der jüdischen Gemeinde in Trier auf das Notwendige zu reduzieren, die Geschichte verständlich zu machen, war das Ziel von Reiner Noldens Vortrag zur jüdischen Geschichte in der Stadtbibliothek Weberbach. "Die älteste schriftliche Erwähnung der Trie rer Juden findet sich erst relativ spät, im Jahr 1066", erklärt Nolden. Ein Eintrag in den "Gesta Treverorum", einer bischöflichen Chronik, die in der Abtei St. Matthias vom 11. bis ins 18. Jahrhundert kontinuierlich geschrieben wurde, gibt den entscheidenden Hinweis. Wenige Jahre später werden die Juden im Rahmen der ersten Verfolgungen durch die Kreuzzugsbewegungen erneut in den Gesta erwähnt. "Ab dieser Zeit gibt es mehr und mehr Quellen, die Aufschluss geben über jüdisches Leben in Trier", sagt Nolden. Eine Darstellung aus dem 12. Jahrhundert zeigt den seinerzeit obligatorischen "Judenhut", ein Briefwechsel zwischen der Stadt Trier und Erzbischof Balduin aus dem 14. Jahrhundert bezeugt die Bedeutung der Juden für die Wirtschaft: "Eine Zusammenarbeit mit jüdischen Kaufleuten kam damals häufig vor, da die Christen durch das kanonische Zinsverbot keine Erträge aus Krediten einnehmen durften", erklärt Nolden.

Dennoch lebten die Juden zu dieser Zeit in einem abgetrennten Ghetto im Bereich der heutigen Judengasse, durften ihre Quartiere nachts nicht verlassen. "Und als 1349 die Schwarze Pest auch Trier ergriff, wurden die Juden als erste dafür verantwortlich gemacht." Und die Verfolgung begann: Das Trierer Judenviertel wurde gestürmt, einzelne Juden sogar erschlagen, Besitz wurde beschlagnahmt. Ganze sieben Jahre ist daraufhin kein jüdisches Leben in Trier nachzuweisen. 1418 wurden die jüdischen Mitglieder aus der Stadt vertrieben, flohen entweder nach Osteuropa oder in nahegelegene Kleinstädte mit starker lokaler Kirchen- oder Adelsherrschaft. Nach erneuter Ansiedlung im kurtrierischen Bereich ist aus dem Jahr 1723 eine "Judenordnung" erhalten, die Steuern, Heirat und Wohnrecht der Juden regelte. Die durch die Französische Revolution 1789 erwirkten Freiheitsrechte hatten für die jüdische Gemeinde in Trier zwar einige Zeit Bestand, allerdings begann mit der Machtübernahme der Nazis 1933 das dunkelste Kapitel: "Schon im gleichen Jahr gab es erste Boykotte gegen Juden, weitere Einschränkungen kamen durch die Nürnberger Rassengesetze 1935. Und mit der Reichspogromnacht 1938 wurde die Trie rer Synagoge geplündert und im innern zerstört", sagt Nolden. 472 Deportationen in Konzentrationslager sind aus den sogenannten "Judenlisten" nachweisbar, ganze 14 nur kehrten nach dem Ende des Krieges zurück. "Die jüdische Gemeinde wächst seitdem beständig und ist aktuell ein fester Teil Triers. Wollen wir hoffen, dass das auch so bleibt."

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