Verwirrung um "Kinderansprecher" in Trier-Nord: Große Sorge, aber wenig Fakten

Trier · Viele Eltern in Trier-Nord sind in großer Sorge: Angeblich ist ein Kinderansprecher im Stadtteil aktiv. Die Polizei will das nicht bestätigen, ermittelt aber wegen eines aktuellen Vorkommnisses.

Die Diskussionen im Internet sind heftig und kontrovers. In der Facebook-Gruppe "Blitzer in Trier und Umgebung" sprechen die einen von "perverser Sau" und "Kinderschänder", andere mahnen zu Besonnenheit. Fakt ist: Ein Fall von Schändung ist nicht bekannt.

Die Polizei ermittelt dennoch, wie Pressesprecherin Sabine Bamberg auf TV-Anfrage bestätigt. Der Anlass: Am Donnerstag, 12. Juni, habe ein unbekannter Mann einen Jungen in der Goethestraße in Trier-Nord aus einem grauen Kleinwagen heraus angesprochen.Bemerkenswerte Eigendynamik


Als der Junge weglief, soll der Mann ihm zu Fuß hinterher gelaufen sein und ihn aufgefordert haben, stehen zu bleiben. "Welche Motivation dahintersteht, können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Es kam zu keinem direkten Kontakt", sagt Sabine Bamberg. Das zuständige Fachkommissariat gehe dem Hinweis nach und habe die Ermittlungen aufgenommen: "Diese sind noch nicht abgeschlossen. Hinweise auf weitere Vorfälle liegen uns bisher nicht vor."

Stattdessen hat die Interpretation der Angelegenheit eine bemerkenswerte Dynamik entwickelt. Am Freitag stellte Rektor Christian Gerteis einen Elternbrief auf die Internetseite der Grundschule St. Martin ( www.martin-grundschule.de ), die ebenfalls in Trier-Nord liegt. Darin liefert der 41-jährige Schulleiter eine detailliertere Schilderung des Geschehens: Der Fahrer habe, nachdem der Junge nicht in den Wagen gestiegen sei, "sich mit seinem Auto auf den Gehweg gestellt, um ihm den Weg abzuschneiden". Gegenüber dem TV beruft sich Gerteis auf Informationen, die ihm zugetragen worden seien. Er selbst kenne den angesprochenen Jungen nicht.
"Mir geht es darum, mit dem Elternbrief zu warnen. Wir bitten Eltern, ihren Kindern Mut zu machen. Diese sollen, wenn sie in eine ihnen gefährlich erscheinende Situation geraten, lautstark um Hilfe rufen."

Mitglieder der "Blitzer"-Netzgemeinde haben sich längst ihr eigenes Urteil gebildet. Es sei ein "Kinderschänder" unterwegs.

Solche Überreaktion habe er nicht beabsichtigt, sagt Gerteis. Er wohnt im Stadtteil Tarforst: "Dort gab es vor vielen Jahren eine wochenlange Kinderansprecher-Hysterie, ehe sich herausstellte, dass da nichts gewesen ist."
Zu seinem Elternbrief, in dem er ausdrücklich darum bittet, "nicht hysterisch zu reagieren", steht er aber: "Es gehört zu meinen Aufgaben, über Vorfälle wie den vom Donnerstag zu sprechen - mit den Eltern, aber auch im Unterricht mit den Kindern."Extra

Das rät die Polizei Kindern, die von einem Fremden aus einem Auto heraus angesprochen werden: "Tritt auf keinen Fall an Autos heran - Fragen von Fahrern können von Erwachsenen beantwortet werden. Wenn du dich bedroht fühlst, mach auf dich aufmerksam. Sei laut und gehe direkt zu anderen Menschen, um Dir Hilfe zu holen. Weglaufen ist nicht feige. Du kannst in Notsituationen jederzeit aus einer Telefonzelle oder mit dem Handy die Polizei über 110 anrufen. Bei Fragen oder Problemen kannst du ein Polizeirevier aufsuchen und einen Polizeibeamten ansprechen." red

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