Vollzeitjob bis nachts um drei

TRIER. Neuer Lebensabschnitt: Rund 1350 junge Menschen haben gestern ihr Studium an der Fachhochschule (FH) Trier begonnen.

Frisch eingeschriebene Studenten, so genannte "Erstis", dürfen traditionell ein bisschen gefoppt werden. Sucht man als Unkundiger zum Beispiel auf dem Trierer FH-Gelände die Aula, bekommt man auf seine Nachfrage schonmal Antworten wie "Z-Gebäude, 7. Stock". Ein Z-Gebäude, geschweige denn einen siebten Stock, gibt es natürlich nicht. Haha. Richtig lustig ist das nicht, gehört aber zum Studienbeginn dazu wie ein Ikea-Regal. Und außerdem gibt am Begrüßungstag der Erstis natürlich auch jede Menge echte Hilfe: Mitarbeiter der Uni und des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (Asta) verteilen Info-Broschüren und das mehrere Zentimeter dicke Vorlesungsverzeichnis. Auf einem Tisch liegen Prospekte über die touristische Ziele der Region und - natürlich - über die Studentenstadt Trier aus. Herzlich und humorig begrüßt Bürgermeister Georg Bernarding die weit über 800 Erstis, die den Weg in die Aula gefunden haben. "Wir haben mit der Arena die beste Veranstaltungshalle Deutschlands, ungezählte Kneipen und bieten mit den Trierer Handballerinnen attraktiven Sport", preist er die Vorteile Triers. Und biegt auch die Zweitwohnsitzsteuer, mit der Trier jeden Studenten, der seinen Erstwohnsitz nicht in Trier gemeldet hat, belegt, zum Positiven um: "Wir wollen die Zweitwohnsitzsteuer nicht - wir wollen Sie als Einwohner!" FH-Präsident Bert Hofmann betont dagegen die arbeitsintensive Seite des Studiums, das keine "Wissensansammlung, sondern Bildung und Erkenntnissuche" sei. Als Hochschule der angewandten Wissenschaften biete die Trierer FH "jede Menge Zukunft". Besonders, weil bis auf den Bereich Gestaltung alle Fächer in Zusammenarbeit mit der Industrie auf die berufsorientierten Bachelor-Studiengänge umgestellt worden seien. "Ich empfehle Ihnen: Wenn Sie Ihr Bachelor-Zeugnis in der Tasche haben, gehen sie hinaus und arbeiten Sie zwei bis drei Jahre in der Wirtschaft. Wenn Sie möchten, können Sie dann zurückkommen und einen Master-Studiengang aufsatteln, der ganz auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnitten ist." Und selbst Hofmanns "Glück auf!" am Ende seiner begeisterten Rede schien eher ein Gruß aus der Arbeitswelt als aus der freien Wissenschaft zu sein. Einen Bogen zwischen dem wilden und dem zielorientierten Studentenleben schlug der Präsident des Studierendenparlamentes der FH, Daniel Roselieb: "Ihr werdet niemandem mehr Rede und Antwort stehen, wenn ihr nachts um drei nach einer Party ins Bett fallt", sagte der Student der Wirtschaftswissenschaften. Aber ein Studium an der FH Trier sei auch ein Vollzeitjob: "Wer an der FH weniger als 40 Stunden die Woche mit dem Thema FH verbringt, macht etwas falsch und läuft Gefahr zu scheitern." Auch die Zweitwohnsitzsteuer gehört für Roselieb dazu: "Wir haben dadurch keine Nachteile, nur wer mit Trier nichts zu tun haben will und sich nicht ummeldet, wird schließlich zu Recht die Steuer entrichten müssen." Zumindest bei Kristina Heit aus dem saarländischen Sulzbach und Melanie Petersdorf aus der Nähe von Köln hat die Steuer Wirkung gezeigt: Beide sind noch vor Studienbeginn Triererinnen geworden - zumindest auf dem Papier. "Die Stadt ist sehr schön und auch die Gegend - nur ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu finden, war ziemlich schwierig", sagt Petersdorf. Ähnlich schwierig könnten sich die ersten Ausgeh-Abende in Trier gestalten: Zumindest, wenn die beiden angehenden Innenarchitektinnen versuchen, die im aktuellen Infoheft der FH empfohlenen Restaurants "Ganesha", "Lindbergh" und "Comida" zu finden. Die gibt es nämlich teilweise schon seit Jahren nicht mehr. Aber ein bisschen foppen darf man die Erstis ja.TIPPS FÜR "ERSTIS"SEITE 16

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