Vom Campus in die Elendsviertel

TRIER. Im März brechen 21 Studierende der Universität Trier mit ihrem Dozenten Johannes Michael Nebe in Richtung Nairobi auf. Im Rahmen einer Projektstudie untersuchen die angehenden Geografen rund 14 Schulen in den Slums der kenianischen Hauptstadt und wollen vor Ort Strategien für eine Förderung des Bildungswesens erarbeiten.

 Planung der bevorstehenden Projektstudie im kenianischen Nairobi: Dozent Johannes Michael Nebe (zweiter von links) und die Geographie-Studenten Nicole Cogiel, Yvonne Kunz, Andrea Buhl und Anne Meyer zu Holte (von links) sehen sich ein Satellitenbild der Slums von Nairobi an. Bei der Exkursion im März nehmen 21 Studierende aus dem Fach Geografie der Universität Trier teil. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Planung der bevorstehenden Projektstudie im kenianischen Nairobi: Dozent Johannes Michael Nebe (zweiter von links) und die Geographie-Studenten Nicole Cogiel, Yvonne Kunz, Andrea Buhl und Anne Meyer zu Holte (von links) sehen sich ein Satellitenbild der Slums von Nairobi an. Bei der Exkursion im März nehmen 21 Studierende aus dem Fach Geografie der Universität Trier teil. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Eine große Karte liegt auf dem Schreibtisch, sie zeigt ein Satellitenbild der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Eine Eisenbahnstrecke ist zu sehen, zwei Mal täglich durchquert ein völlig überfüllter Zug die für Westeuropäer unwirklich erscheinende Welt. Unverfehlbar für das Auge sind auch die Armenviertel der afrikanischen Großstadt. "Die Slums im Zentrum der Stadt sind mittlerweile überforscht", sagt Dozent und Projektleiter Johannes Michael Nebe, "wir konzentrieren uns auf etwas weiter außerhalb liegende Gebiete."Leben in einer Parallelgesellschaft

Die Menschen, die dort leben, führen ein "informelles" Dasein: Nicht erfasst von staatlichen Einrichtungen leben sie in einer Parallelgesellschaft, mit eigenen Hierarchien und eigenen Gesetzen. Und deshalb sind es auch die "informal schools", also die informellen nichtstaatlichen Schulen, die Nebe und seine Studenten in der 16 Tage dauernden Projektstudie interessieren. "Diese Schulen werden von Kirchen und internationalen Organisationen unterstützt", erklärt Nebe. Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren erhalten dort eine Grundbildung. Dann gibt es neben den "informal schools" noch die "nonformal schools" für zwölf- bis 18-jährige Jugendliche. Zusätzlich zur Grundbildung werden sie dort auch auf einen späteren Beruf hin ausgebildet. "Viele Mädchen wollen gerne Friseurinnen werden oder Schneiderinnen", sagt der 65-jährige Studienleiter. Für Erwachsene gibt es dann noch die "illeterate schools", bei denen Analphabeten lesen und schreiben lernen. Alle drei Typen, von denen die Trierer Geografen rund 14 verschiedene Schulen untersuchen wollen, sind nichtstaatlich und müssen sich selbst um ihre Finanzierung kümmern. "Es fehlt dort am Nötigsten, die wenigen Schulhefte haben überall Löcher, weil das Geschriebene am nächsten Tag wieder ausradiert werden muss, um Platz für Neues zu schaffen. Auch Bleistifte und Bücher sind Mangelware", sagt Nebe. "Ich finde es spannend, das Land im Rahmen der Exkursion nicht aus touristischer Perspektive zu sehen, sondern die Probleme Kenias vor Ort mitzubekommen", sagt die Geografie-Studentin Nicole Cogiel. "Das eröffnet einen völlig anderen Blickwinkel, auch für das Leben in Deutschland", erzählt Yvonne Kunz. Rund 3,4 Millionen Menschen leben nach Angaben der Vereinten Nationen in Nairobi. "Alleine auf einem Gebiet von der Größe der Trierer Innenstadt leben dort eine Million Menschen", sagt Nebe. Auch die Studentin Andrea Buhl gewinnt der Studie in Afrika viel Positives ab: "Ich denke, im Fernsehen kommt das Elend dort nicht so herüber." Dazu kommt, dass die Slums auch in offiziellen Stadtplänen Nairobis schlicht ausgeblendet werden. "Das ist sicher eine große Chance, das Problem der Armut aus einer völlig neuen Perspektive zu betrachten", erzählt die Geografie-Studentin Anne Meyer zu Holte. Wie auch bei vorangegangenen Projektstudien in Nairobi, beispielsweise zu den Themen "Müll" und "HIV/AIDS", wollen die Geografen der Uni Trier auch dieses Mal mit Einheimischen über Verbesserungsmöglichkeiten und neue Wege der Förderung diskutieren. Eine in englischer Sprache verfasste Publikation soll die Ergebnisse festhalten. Dazu kommt, dass die Projektstudie finanziell nicht unterstützt wird, die Studenten kommen selbst für ihren Unterhalt auf. "Wir hoffen, dass wir Spenden sammeln und die Schulen dadurch finanziell ein bisschen unterstützen können", sagt Nebe, "denn wer einmal den Enthusiasmus der kenianischen Schüler gesehen hat, der muss hohen Respekt vor der Leistungsbereitschaft der Kinder und Jugendlichen haben." Zur Förderung und Unterstützung der nichtstaatlichen Schulen im Rahmen der Projektstudie "Schulische Versorgungsprobleme in den Slums von Nairobi" werden Spenden gerne entgegengenommen auf dem Konto 55001511 der Landeshochschulkasse Mainz, BLZ 55000000, Buchungszeichen 8700-1625010309.

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