Vom Fan-Krawall bis zum goldenen Schuss

Optimisten sprechen von einem "vielfältigen und hochinteressanten Job", pragmatischere Naturen nennen es "alltäglichen Wahnsinn". Sieben Leistungsträger der Trierer Polizei packen aus.

Trier. Vom Auffahrunfall bis zur Massenschlägerei, von der Jugendverkehrsschule bis zur Demonstration: Sieben Kommissare der Polizeiinspektion Trier sprechen über die Natur ihres Jobs.Hauptkommissar Günter Eiden (57) ist Ortsbezirksbeamter. In Trier-West und Pallien kennt ihn jeder. Seit 27 Jahren geht Günter Eiden in seinem Revier Fußstreife. Der erfahrene Beamte ist einer der Männer und Frauen vor Ort, die über Jahre hinweg ein Vertrauensverhältnis zu "ihren" Bürgern aufbauen. "Es fällt den Menschen leichter, mit ihrem Anliegen den Beamten anzusprechen, den sie seit Jahren kennen", sagt Eiden. "Der Gang aufs Revier ist für viele eine gewaltige Hürde." Eiden sieht ein Problem: "Wir müssen mit zu viel Schreibkram kämpfen und kommen deshalb bei weitem nicht mehr oft genug raus auf die Straße."Oberkommissar Martin Spaniol (44) ist stellvertretender Leiter der Ermittlungsgruppe Migration und Beauftragter für Gewalt in engen sozialen Beziehungen. Seine Aussage macht betroffen: "Jede dritte Partnerschaft wird durch Gewalt geprägt." Die Polizei werde oft erst dann gerufen, "wenn es brennt". Und es brennt oft in Trier. 270 Einsätze wegen "häuslicher Gewalt" gab es 2006, im laufenden Jahr sind es bereits 220. Oberkommissar Jürgen Schmitt (44) ist Jugendsachbearbeiter. Sein Motto: "Es ist wichtig, dass Jugendliche Konsequenz erfahren." Schließlich gehen 20 Prozent aller in Trier begangenen Straftaten auf das Konto Jugendlicher. Schmitt erzählt von einem "Intensivtäter", der mit 14 schon 34 Strafverfahren gesammelt hat. Ein Extremfall. "Jugendliche können auch zu Opfern werden", sagt Schmitt. "Aus dieser Rolle müssen wir sie rausholen."Neue Gewaltphänomene bringen neue Probleme: Jugendliche vereinbaren Massenschlägereien übers Internet oder filmen gestellte oder auch reale Gewalt mit dem Handy. "Happy Slapping" nennt sich diese Art der Freizeitgestaltung - auch in Trier. Dennoch zieht Schmitt ein positives Fazit: "90 Prozent unserer Kinder", damit meint er jugendliche Straftäter, "werden nach dem ersten Mal nicht mehr rückfällig"Hauptkommissar Markus Kohl (37) leitet die Polizeiwache Innenstadt. "Unser Revier ist die Fußgängerzone", sagt Kohl. Erstaunlich: "Die Kriminalität ist hier relativ gering, außerdem haben wir nur selten Probleme mit Ruhestörungen." Der Karneval, besonders Weiberfastnacht, macht den Job in der City jedoch umso stressiger. Oberkommissar Theo Roth (53) ist der Szene-kundige Beamte in Sachen Fußball. Damit ist Roth der Eintracht-Polizist. "In der abgelaufenen Saison machten Eintracht-Fans massiv von sich reden, es gab auch rechte Tendenzen", berichtet Roth. Jetzt sei es ruhig - "Hoffentlich ist das nicht die Ruhe vor dem Sturm." Beamte, die sich in der Fan-Szene auskennen, unterscheiden drei Klassen: "Die A-Fans sind harmlose Fußball-Begeisterte. Die B-Fans haben ebenfalls großes Interesse, verbinden das aber mit hohem Alkoholgenuss." Die C-Fans sind die Hooligans, denen es nicht um Fußball, sondern nur um Gewalt geht. "Es gibt C-Fans bei der Eintracht", sagt Theo Roth. "Etwa 30. Aber die haben wir im Griff."Hauptkommissar Werner Clemens ist Leiter des Wechselschichtdienstes. "Wir sind die Feuerwehr", sagt er. Unfälle, Brände und "sämtliche Straftaten im Strafgesetzbuch" prägen den Alltag, der auf Personalstärken absolut keine Rücksicht nimmt. "Manchmal überschlagen sich die Einsätze geradezu." Dazu gehört auch der Schwerpunkt Drogen. "Ich habe schon einige Drogenkarrieren verfolgen müssen, und zwar vom Erstkonsum bis zum goldenen Schuss." Bedenklich: "Die Konsumenten werden immer jünger."Oberkommissar Karl-Peter Jochem (46) ist zuständig für den Sachbereich Verkehr und die Jugendverkehrsschule. Er sieht sich mit einem Paradoxon konfrontiert. "Wir machen mehr Verkehrskontrollen. Obwohl das jeder weiß, steigt die Anzahl der Verstöße." Wieder bedenklich: "Die Zahl der Fahrer unter Drogeneinfluss steigt sogar erheblich."

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