Vom blauen Planeten noch weit entfernt

TRIER. Dynamische Farbspiele, projiziert auf eine fast zehn Meter hohe helle Kugel, lockten viele Zuschauer auf den nächtlichen Kornmarkt. Im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz zeigte Volkhard Stürzbecher eine Performance mit dem Titel "Living Planet".

In Volkhard Stürzbechers Kunst spielt Farbe weniger als Malmittel, denn als Substanz mit physikalischen und chemischen Eigenschaften eine Rolle. Daraus macht er Kunst, eine vergängliche, die ihren Reiz buchstäblich beim unmittelbaren Zuschauen entfaltet. Wie, das konnten Nachtschwärmer auf dem Kornmarkt verfolgen. Dort hatte der Künstler eine weiße, fast zehn Meter hohe aufblasbare Kugel errichtet. Davor einen Overhead-Projektor mit runder Glasschale anstelle der Projektionsfolie.Dynamisches Schauspiel

"In der Schale ist eine Trägerflüssigkeit, meist Wasch- oder Spülmittel", erklärte Stürzbecher und träufelte dann unterschiedliche Farbsubstanzen und Lösungsmittel hinein. Augenblicklich entwickelte sich auf der als Projektionsfläche genutzten Kugel ein dynamisches Schauspiel, das die Zuschauer zu den Klängen sphärischer Musik gebannt verfolgten. Aus in- und umeinander fließender oder sich abstoßender Farbe entstanden organische Strukturen. Fast so, als wüchse Leben, waren vermeintliche Zellen, ihre Verschmelzung und Teilung zu beobachten, aber auch Verästelungen, die an sprießende Pflanzen erinnerten.

Seit fünfzehn Jahren hat der gelernte Bildhauer Stürzbecher mit unterschiedlichen Substanzen, darunter zum Beispiel Siebdruckfarben, und deren Mischungen experimentiert, um gezielt solche Effekte hervorrufen zu können, die evolutionäre Prozesse auf einer Planetenoberfläche suggerieren sollen.

"Vom blauen Planet bin ich noch ein bisschen entfernt, denn es gibt kaum blaue Farbe, die reagiert", meinte der Künstler schmunzelnd. Tatsächlich liegt das Geheimnis dieser Kunst im von Oberflächenspannung, Zähigkeit oder anderen physikalischen Eigenschaften geprägten Reaktionsverhalten der Farben. Auch Wärme spielt eine Rolle. Die allerdings blieb an diesem Abend aus, was zum Bedauern des Künstlers einige Effekte einschränkte und das Vergnügen zeitlich begrenzte. Dennoch gab es viel Applaus für das ästhetische Schauspiel.

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