Von Grauzonen und Gratwanderungen

Brisantes Thema beim vierten Trierer Pflegestammtisch: Mit rund 130 Gästen diskutierten Landesgesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) und Vertreter aus der Praxis die legalen Wege zur privaten häuslichen Betreuung Pflegebedürftiger rund um die Uhr.

Trier. "Vermitteln Sie auch Polinnen?" - diese Frage hört Regina Locker vom Pflegestützpunkt Konz immer häufiger. Gestellt hat sie kürzlich ein älterer Herr, der seine stark pflegebedürftige 89-jährige Ehefrau nicht mehr selbst versorgen konnte. Er fand eine "unbürokratische" Lösung: eine polnische Haushaltshilfe, die sich nun rund um die Uhr um seine Frau kümmert. "Der Herr war überglücklich", berichtete Locker. "Rechtliche Aspekte spielten für ihn keine Rolle."

Welche Risiken jedoch mit der illegalen Beschäftigung solcher Haushaltshilfen verbunden sind, darüber diskutierten die Teilnehmer des vierten Trie rer Pflegestammtisches zum Thema "Rund-um-die-Uhr Betreuung zu Hause - legal machbar und bezahlbar?".

Moderator Prof. Bernd Krönig vom Haus der Gesundheit und Ministerin Malu Dreyer verwiesen auf die rund 100 000 ausländischen Hilfen in Deutschland, von denen nur etwa 3500 über hiesige Arbeitsagenturen vermittelt seien. Dies sei jedoch der "hundertprozentig legale Weg", erklärte Martina Lambrich von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZVA) der Bundesagentur für Arbeit. Die ZVA vermittelt Haushaltshilfen, die zwar 24 Stunden am Tag vor Ort sind, laut Gesetz aber keine pflegerischen Tätigkeiten übernehmen dürfen. Dieses Angebot sei vor allem für Demenzkranke ohne Pflegestufe "von Vorteil", bei härteren Fällen sei die "Kombination mit einem ambulanten Pflegedienst denkbar", erläuterte Martina Lambrich.

Uschi Wihr vom Demenzzentrum Trier begleitete eine 85-jährige Patientin zum Stammtisch, die eine legal vermittelte Polin beschäftigt. "Ich hatte großes Glück", gestand die ältere Dame. "Das Mädchen ist Tag und Nacht für mich da."

Ministerin Dreyer gab zu bedenken, dass es auch bei legalen Beschäftigungsverhältnissen noch "Grauzonen" gebe. Vor allem im Bereich der Arbeitszeit-Regelung und der Frage nach den Leistungen durch Haushaltshilfen sehe sie "gesetzgeberischen Handlungsbedarf". Dennoch sei es wichtig, "die Beschäftigung zu legalisieren", da sonst auf Dauer "unserem Sozialversicherungssystem viel Geld entzogen wird". Dreyer forderte zudem die Pflegedienste dazu auf, im Bereich "niedrigschwelliger Pflegeleistungen Laienhilfskräfte stärker zu integrieren". Denkbar sei eine "Art kontrollierende Begleitung der Hilfen durch professionelle Dienste" oder der Besuch einer 40-Stunden-Schulung, die alle Pflege-Profis durchlaufen.

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