Von der Flucht in die Sucht

Die Trierer Suchtberatung "Die Tür" hat im vergangenen Jahr 500 Abhängige und deren Angehörige in 3000 Einzelgesprächen beraten und 117 Süchtige in Fachkliniken vermittelt. "Das sind die höchsten Zahlen seit Bestehen des Vereins", sagt Andreas Stamm, Leiter der Einrichtung.

Trier. Der jetzt veröffentlichte Jahresbericht 2006 macht eines sehr deutlich: Es gibt in Trier und der Region viele Menschen, deren Leben von einer Form der Sucht bestimmt wird. Die reine Quantität der von der "Tür" angebotenen Beratungen und Hilfestellungen ist doppelt so hoch wie die Werte ähnlicher Einrichtungen. "Diese Zahlen machen deutlich, dass es einen großen Hilfebedarf gibt", sagt Stamm. "Sie zeigen aber auch, dass unsere Beratung eine hohe Anerkennung innerhalb der Bevölkerung genießt." Abhängiger Mensch wird schneller arbeitslos

"Die Tür", finanziert durch Zuschüsse des Landes, der Stadt und des Kreises, beschäftigt sechs Mitarbeiter. Zwei grundsätzliche Themen hat das Team aktuell im Visier. Es geht dabei um die Zusammenhänge zwischen Sucht und Arbeitslosigkeit - und um die neuen Medien und noch junge Erscheinungsformen wie die Online-Sucht.Sucht und Arbeitslosigkeit verstärken sich gegenseitig, betont Stamm. "Ein suchtkranker Mensch wird schneller arbeitslos und bleibt es, weil niemand ihn mehr einstellt." Die Arbeitslosigkeit unterstützt die Abhängigkeit, da der Betroffene keine Aufgabe mehr hat und sich möglicherweise als überflüssig und wertlos empfindet. "Diese negativen Empfindungen werden mit dem Suchtmittel unterdrückt."Eine Befragung von 261 Besuchern der Beratungsstelle bestätigte diesen Teufelskreis. "Wer sinnvoll und nachhaltig handeln will, hat nicht nur die Suchtproblematik im Blick, sondern muss den Betroffenen auch bei der Suche nach Arbeit zur Seite stehen", betont Stamm. Doch dafür fehlt der Suchthilfe das Fachpersonal.Exzessiver Computermissbrauch

Die neuen Medien bringen auch neue Abhängigkeiten mit sich. "Es kommen immer mehr Eltern in die Beratung, deren Kinder ausgeprägte familiäre und schulische Probleme aufgrund ihres exzessiven Computergebrauchs entwickelt haben", schildert der Leiter der "Tür". Damit bestätige sich der Vormarsch der sogenannten "nicht stofflichen Süchte".Nach dem Grundsatz "Vorbeugen ist besser als heilen" entwickelten die Mitarbeiter der "Tür" das Konzept der "Medienpädagogischen Prävention". Unter dem Titel "Gute Seiten, Schlechte Seiten" informierten zwei Mitarbeiter Eltern und Interessierte über Faszination, Chancen und Risiken von Handy, Computer und Internet. Mit 45 Veranstaltungen an Schulen in der Stadt und im Kreis erreichten die Fachleute 545 Eltern und 260 Lehrer. "Vor allem der Austausch der Eltern untereinander sollte gefördert werden", sagt Stamm.Seit 1992 steht "Die Tür" Menschen offen, die Probleme mit Alkohol, Medikamenten oder illegalen Drogen haben. Der Verein hat seinen Sitz in der Trierer Lindenstraße.

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