Von der Spritze zum Spritzgebäck

HEILIGKREUZ. Silke Jödicke hat einen langen Weg hinter sich. Denn bis sie die Türen zu ihrem Café "Silke" zum ersten Mal öffnen konnte, hat sie ein Jahr lang gekämpft, um Genehmigungen einzuholen, die Finanzierung zu schultern und Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Entmutigend sei die Odyssee gewesen, die sie hinter sich gebracht hat. Existenzgründerseminare standen auf ihrem Terminplan, Ämter hat sie abgeklappert, einen Business-Plan aufgestellt und sich um ein Darlehen bemüht. Einige Menschen, mit denen sie auf diesem steinigen Weg zu tun hatte, trauten ihrer Idee nur wenig zu. Und auch bei der Bank rannte sie nicht auf Anhieb offene Türen ein. Denn Silke Jödicke ist gastronomische Quereinsteigerin. Ausgebildet wurde die 36-Jährige als Arzthelferin und arbeitete in ihrem Beruf, bis sie vor drei Jahren nach der Geburt ihres zweiten Sohnes Maximilian in den Erziehungsurlaub ging. "Aber sollten Frauen deswegen zu Hause bleiben und nicht arbeiten gehen? Ich war der Meinung, dass es jetzt Zeit ist, noch einmal etwas anderes zu machen." Ihr Privatleben hatte die zweifache Mutter gut organisiert, ihre Kinder sind nachmittags in Hort und Kindertagesstätte gut untergebracht. "Und mein Mann ist ja auch noch da", sagt Jödicke. Schlaflose Nächte habe sie trotzdem verbracht, bis alle Hürden genommen waren. Zunächst hatte die 36-Jährige mit dem Gedanken gespielt, ein Kinderbekleidungsgeschäft und Secondhandladen mit angeschlossenem Mutter-Kind-Café zu eröffnen. Die Jödickes leben seit 1986 in Heiligkreuz. Silke Jödicke ging häufig durch das Ladenzentrum in der Tessenowstraße, wo immer mehr Geschäfte aufgegeben wurden und leer standen. So entstand langsam der "Wunschtraum", ein eigenes Café zu führen. Dieser Traum sei mit der Zeit immer konkreter geworden. Als die Arbeitsgruppe, die sich der Revitalisierung des Zentrums Tessenowstraße annehmen wollte, eine von der Universität begleitete Befragung und Erhebung veröffentlichte, sei dies der ausschlaggebende Punkt gewesen, den Gedanken in die Wirklichkeit zu verwandeln. Denn das Verlangen der Heiligkreuzer Bürger nach einem Café mit Backwarenverkauf stand auf der Wunschliste ganz oben. "Wenn man in einem Stadtteil wohnt, sollte man Interesse daran zeigen, was passiert und sich ein Stück weit dafür verantwortlich fühlen", sagt Silke Jödicke. In Heiligkreuz fühle sie sich wohl, es seieine kleine Stadt in der Stadt. "Es wurde mir oft gesagt, es sei ganz schön mutig, das zu machen. Aber es gibt keine Branche mehr, die ohne Risiko ist. Für unsere Familie ist das ein Schritt in die Selbstständigkeit", gibt sich Silke Jödicke realistisch und voller Tatendrang. Das Kribbeln im Bauch habe sie morgens immer noch, wenn sie früh aufsteht, um Brötchen zu backen. "Wenn die ersten Leute kommen und Brötchen kaufen, legt sich das schnell, und ich weiß, es ist gut, was ich mache." Ihr täglich geöffnetes Café-Bistro "Silke" will die Jungunternehmerin auch als Treffpunkt für die Heiligkreuzer jeden Alters verstanden wissen. "Es soll nicht nur eine Verkaufsstelle für Kuchen und Brötchen, sondern ein Ort sein, wo man sich gerne aufhält." Derzeit bemüht sich Silke Jödicke, den überdachten Außenbereich auch bewirtschaften zu können. Kontakte zu Bürgerverein und Ortsbeirat hat die 36-Jährige geknüpft. In Zusammenarbeit mit ihnen könnten in ihrem Café Veranstaltungen und Lesungen stattfinden. Passanten, die neugierig in die Räume spähen, spricht sie an und lädt sie ein, das Café kennen zu lernen. "Man muss versuchen, die Menschen aus ihren Wohnungen zu locken. Vielleicht kann man überlegen, irgendwann zum Beispiel mal einen Tanznachmittag anzubieten", träumt Jödicke von einem lebhaften Kommunikationszentrum im umgestalteten und attraktiven Ladenzentrum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort