Von wegen Vergangenheit

KÜRENZ. Beruflich ist er als studierter Sporthistoriker im städtischen Museum Simeonstift im Rahmen der "Histori-schen Dauerausstellung zur Stadtgeschichte" für Sportgeschichte und die Nazi-Zeit verantwortlich. Privat engagiert sich Thomas Schnitzler im Kulturverein Kürenz gegen das Vergessen der Verbrechen im Dritten Reich und schreibt für die Stadtteilzeitung "Cürencia".

Interesse an der Vergangenheit hatte Thomas Schnitzler schon immer. Zu Beginn seines Sport- und Geschichts-Studiums in Graz war es aber erst einmal die Historie des Sports, die den gebürtigen Trierer beschäftigte. Mit fortschreitender Semesterzahl spezialisierte er sich - inzwischen an der Sporthochschule Köln angekommen - mehr und mehr auf das Fach Geschichte und dann speziell auf die Zeit des Nationalsozialismus. Seine Habilitationsvorlesung hielt der Wissenschaftler schließlich über den Gründungspräsidenten des Deutschen Fußballbundes (DFB) und sogenannten "Hygieneprofessor" Ferdinand Hueppe, der als Vordenker der nationalsozialistischen Sportgeschichte gilt. Bis heute beschäftigt den 49-jährigen Schnitzler "Ferdinand Hueppes Sporthygiene". Zurzeit bereitet er ein Buch unter diesem Titel vor. Auch seine Freizeit nutzt der zweifache Vater gerne zur Aufarbeitung und zum Gedenken an die Vergangenheit, speziell an die vor 1945. So ist Schnitzler maßgeblich an dem Projekt "Stolpersteine" (der TV berichtete) beteiligt, das der vor zwei Jahren gegründete Kulturverein Kürenz zusammen mit dem Kölner Künstler Gunther Demnig auf die Beine gestellt hat. Von der Idee "den Opfern ihre Namen wiederzugeben" und ihrer mit beschrifteten Pflastersteinen an ausgewählten Orten zu gedenken, fühlte sich der Wissenschaftler "inspiriert". Er hat nach großem Rechercheaufwand, auch in Frankreich und in den USA, 70 Schicksale von Verfolgten des Naziregimes zusammengestellt. Zur großen Freude von Hinterbliebenen, etwa Angehörigen der ehemaligen Pferdehändlerfamilie Ermann aus Trier, ist es ihm gelungen, durch den Krieg getrennte Familien wieder zusammenzuführen oder zumindest Kontakte herzustellen. Aufwendige Stammbaumrecherchen machten es möglich. "Das ist angewandte Geschichte", sagt der Historiker stolz und freut sich über den positiven Gang der einst bitteren Geschichte. Besonders freut er sich darauf, dass einige der ausfindig gemachten Menschen am 1. Juli bei der Feier zur "Stolperstein"-Verlegung dabei sein werden und dazu zum Teil von weit her nach Trier kommen. Als Stadthistoriker plant Schnitzler ein "Gedenkbuch über die NS-Gewaltherrschaft in Trier" zu veröffentlichen. Sein Ziel ist es, eine erste offizielle Liste von Trierer NS-Opfern zusammenzustellen und ihre Schicksale zu dokumentieren. "Auch ein Film ist in der Mache", sagt Schnitzler. "Sieben Stunden Befragung sind schon im Kasten." Ganz privat freut sich der Kürenzer, der gerne auf dem "neuen Petrisberg" joggt und Rennrad fährt, auf das alljährliche Stadtteilfest im Kürenzer Schloßpark im September, das vom Kulturverein veranstaltet wird. Auch darüber wird er dann als Mitherausgeber der Stadtteilzeitung "Cürencia" berichten.

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