Wachen und beten bis zum Morgen

TRIER. Mehrere Tausend Menschen kamen am Samstagabend zur Dom-Nacht im Rahmen der Heilig-Rock-Tage. Dabei erlebten sie das Gotteshaus mit Musik-, Wort-, Pantomime-Darbietungen und Licht-Installationen von seiner nicht alltäglichen Seite.

In der Trierer Innenstadt ist am Samstagabend bis tief in die Nacht ungewöhnlich viel Bewegung. Die einen strömen in Richtung Domfreihof, die anderen kommen aus dieser Ecke. Wer von ihnen die Angebote der SWR 3-Party-Nacht nutzt, und wen es zur Dom-Nacht in das erhabene Gotteshaus zieht, ist nicht klar auszumachen. Denn ab 20 Uhr ist der Dom voll besetzt. Ein Kommen und Gehen herrscht den gesamten Abend über, manche verweilen auch über Stunden in der Kirche. Dabei besuchen - wegen der parallel laufenden Groß-Party - keineswegs nur ältere Menschen den Dom. "Das klassische Abendlob-Publikum, das breit strukturiert ist", macht Wolfgang Meyer aus, Organisations-Leiter der Heilig-Rock-Tage. Sie alle sind dem Aufruf "Kommt und seht!" gefolgt und erfahren, dass bei der Dom-Nacht durchaus auch weitere Sinne angesprochen werden. Der renommierte Neusser Liedermacher Gregor Linßen hat ein breites Repertoire seines neuen geistlichen Liedgutes mitgebracht und lädt die Besucher gemeinsam mit einem 14-köpfigen Ensemble zum Mitsingen ein. Mit Bibel-Texten und Wort-Beiträgen, etwa von Hans Magnus Enzensberger oder auch Hanns-Dieter Hüsch, reichern Marie-Elisabeth Denzer und Domvikar Stephan Wahl das Programm an. Glocke spielt zentrale Rolle

Eine zentrale Rolle spielt an diesem Abend die abmontierte Glocke der Pfarrei St. Paulus in Saarbrücken. Nachdem der Glockenturm wegen Baufälligkeit abgerissen worden ist, hat sich das Bistum Trier die Glocke für die Dom-Nacht "ausgeliehen" und in das Programm mit eingebaut. So wird sie an diesem Abend immer wieder wie ein Instrument angestimmt und herausgestellt: Bei einer Hörprozession durchschreiten die Kirchen-Besucher mit Kerzen in den Händen Dom und Kreuzgang und stimmen - begleitet von Glockenschlägen - ein in das von Linßen eigens für die Glocke komponierte Stück "Hier bin ich." Nicht die Stimme, sondern die Phantasie der Besucher ist gefragt bei der Pantomime-Vorführung des saarländischen Künstlers Jomi, alias Michael Kreutzer. "Die Erschaffung der Erde" ist das Thema, dessen er sich in teilweise akrobatischen Körperbewegungen annimmt. Bischof Reinhard Marx richtet sich in einem mitternächtlichen Gottesdienst an die Christen, und erst nach zwei Uhr wird die Kirche tatsächlich etwas leerer. Angesprochen auf seinen Eindruck von dieser zweiten Dom-Nacht in Trier erklärt Bischof Marx gegenüber dem TV: "Zarah Leander hatte Recht: Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da. Nachts zu beten und zu wachen, hat Tradition. Und das konnten wir heute in neuer Weise aufgreifen."

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