"Wahnsinn!"

TRIER. Von null auf hundert: Überraschend zieht Ingeborg Sahler-Fesel von der Trierer SPD als Abgeordnete in den neuen Landtag ein. "Wahnsinn!", kommentiert die Sozialdemokratin, "damit habe ich nie gerechnet, ich freue mich riesig!"

Schon häufig hat der Trierer Oberbürgermeister sein feines "Näschen" für politische Strömungen und Stimmungen bewiesen. Und siehe da, auch am Sonntagabend im Rathaus ahnt Helmut Schröer als einer der Ersten, dass Ingeborg Sahler-Fesel neue Landtagsabgeordnete werden wird - und gratuliert ihr bereits, als andere noch verdutzt auf die Zahlen blicken und hin- und herrechnen. "Auch Wirtschaftsdezernentin Christiane Horsch hat mich recht früh beglückwünscht", sagt Sahler-Fesel. Auf die 50-jährige Ehrangerin, die verheiratet ist und zwei Kinder hat, kommen erhebliche Veränderungen zu. Bislang hielt sich die politische Arbeit für den Stadtrat, wo sie sich um sozial- und schulpolitische Belange kümmerte und erst in den vergangenen Jahren mehr und mehr als Rednerin in Erscheinung trat, noch in Grenzen. In Kürze wird sie sich "auf viel Fahrerei einstellen müssen". Schon haben im Hause Sahler-Fesel die Planungen begonnen. Die Arbeit in der Containerdienst-Firma ihres Mannes in Schweich-Issel, wo Ingeborg Sahler-Fesel Büroarbeiten und alles Mögliche zur Unterstützung leistete, wird zurückstehen müssen, die Familie sicherlich auch. "Meine Tochter war völlig von der Rolle. Sie fürchtet ein bisschen, dass sie mich noch weniger sehen wird", erzählt die SPD-Frau. Die Familie ist ihr sehr wichtig, doch sie nimmt den Wählerauftrag ernst und will sich in Mainz voll engagieren. "Mal sehen, welche politischen Schwerpunkte für mich als Neuling möglich sind. Soziales und Schule interessieren mich natürlich, aber auch Finanzen." Es sei jedoch eher unwahrscheinlich, in letzterem Bereich zum Zuge zu kommen. Die Sozialdemokratin geht schon einmal davon aus, dass dienstags, mittwochs und donnerstags in Mainz Präsenzpflicht herrscht und dass sie montags und freitags für ihre Wahlkreisarbeit Zeit braucht. "Wahrscheinlich werde ich ein Wahlkreisbüro einrichten." Ein solches braucht bald auch die Liberale Stefanie Lejeune. Sie ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren Job als Staatssekretärin im Justizministerium los, rutschte aber gerade noch über den letzten Platz ihrer Partei via Bezirksliste in den Landtag. "Natürlich ist das Regieren schöner, aber auch Oppositionsarbeit ist sehr spannend", findet Lejeune, die ihr Mandat auf jeden Fall annehmen wird. Im Hause Adams in Ehrang knallten am Sonntagabend die Sektkorken - weil Hausherr Berti Adams (CDU) nicht in den Landtag einziehen wird. Als B-Kandidat wäre er nur für Christoph Böhr nachgerückt, wenn der den Wahlkreis gewonnen und auf sein Mandat verzichtet hätte. "Ich bleibe in Ehrang, und das ist auch gut so, denn in Trier gibt es genug zu tun", sagt Adams.Reiner Marz droht die Arbeitslosigkeit

Gänzlich neu orientieren muss sich der Grüne Reiner Marz. Ihn hat das Schicksal hart getroffen, denn da seine Partei nicht mehr im Landtag vertreten sein wird, braucht er einen neuen Job. Früher hat er teilweise als Umwelterzieher gearbeitet, war jedoch in den vergangenen fünf Jahren als stellvertretender Fraktionschef in Mainz Vollzeitpolitiker. "Ich habe einige Dinge im Kopf, aber darüber möchte ich öffentlich noch nicht sprechen", sagt Marz. Der 47-Jährige hat fünf Kinder zu versorgen, die täglich Hunger haben. "Ich habe heute keinen", gesteht Marz frustriert. Ihm schlägt auch auf den Magen, dass 20 Mitarbeiter der Fraktion von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Da wird die politische Arbeit, die vollkommen neu organisiert werden muss, gezwungenermaßen zur Nebensache.

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