Warum Eltern ihre Kinder nicht immer mit dem Auto zur Schule bringen sollen - Kampagne will motivieren

Trier · Nichts geht mehr, heißt es kurz vor und nach dem Unterricht im Umfeld vieler Trierer Schulen. Dann sorgen sogenannte Elterntaxis schon mal für Chaos. Dabei sollten gerade Grundschüler den Schulweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, raten Lehrer und Verwaltung und initiieren verschiedene Aktionen.

 Elterntaxis vor Trierer Grundschulen gefährden oft Schulkinder. In Feyen wurden die Schulwege mit gelben Füßen markiert, um den Kindern einen Weg zur Schule zu zeigen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Elterntaxis vor Trierer Grundschulen gefährden oft Schulkinder. In Feyen wurden die Schulwege mit gelben Füßen markiert, um den Kindern einen Weg zur Schule zu zeigen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Viele Wege führen zur Grundschule, auch zu der in Tarforst. Allmorgendlich setzen sich aus den umliegenden Wohnquartieren Heerscharen von Kindern in Bewegung, um durch Grünanlagen und entlang von verkehrsberuhigten Straßen zu ihrer Schule zu gelangen. Viele gehen zu Fuß, manche nehmen das Fahrrad, andere sind mit dem Roller unterwegs. Es wird gelacht und gequatscht, geschrien und getrödelt und auch mal geträumt. Doch zum Unterrichtsbeginn sind alle da, meistens jedenfalls.
Nicht überall im Stadtgebiet sind die Bedingungen so optimal wie hier, und mancherorts ist der Weg zur Schule nur schwerlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Doch auch in Tarforst trifft man allmorgendlich auf etliche Elterntaxis, sprich Väter und Mütter, die ihre Schützlinge bis zur Schule chauffieren. Das bestätigt Giselind Leinen-Voigt: "Die allermeisten Eltern schicken ihre Kinder zwar zu Fuß oder mit dem Fahrrad, aber die wenigen, die sie mit dem Auto bringen, sorgen für Chaos", berichtet die Rektorin.
Das Phänomen Elterntaxi ist nicht neu und an zahlreichen, auch weiterführenden Schulen ein Thema. In Tarforst wird es von Lehrern und Schulelternbeirat offen angesprochen, und das schon bevor die Kinder erstmals einen Fuß in die Schule setzen. Leinen-Voigt und ihre Kolleginnen appellieren denn auch bereits an die Eltern von Erstklässlern und weisen auf die Gefährdungen hin, die sie unfreiwillig produzieren, wenn sie ihre Kinder mit dem Wagen bringen. Denn jedes Auto, das sich morgens der Schule nähert, erhöht potenziell das Risiko eines Unfalls. Zumal gerade wenige Minuten vor 8 Uhr hektisches Treiben vor dem Gebäude herrscht.
Das eigene Mobilitätsverhalten ist ein sensibles Thema. Geht es um das Wohl der Kinder, wird die Sache erst recht heikel. Schulrätin Julia Koch (siehe Interview), die viele Jahre an Grundschulen unterrichtete und selbst Kinder hat, ist dennoch überzeugt, dass man Väter und Mütter ansprechen sollte. Da sich mit der Zeit ohnehin ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Lehrern bilde, sei ein offenes Gespräch in den allermeisten Fällen kein Problem, hat sie die Erfahrung gemacht. Doch rät Koch auch dazu, auf den erhobenen Zeigefinger zu verzichten.
Der ist auch nicht nötig, gibt es doch zahlreiche gute Gründe, das Kind allein auf den Weg zu schicken oder zu Fuß zu begleiten. Das weiß auch Schuldezernentin Angelika Birk (Die Grünen): "Die Kinder lernen früh, sich geografisch zu orientieren und ein Gefühl für Entfernungen zu entwickeln." Zudem würden Schüler, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, Rücksichtnahme üben und das eigene Verkehrsverhalten besser einordnen, gibt Birk zu bedenken. "Sie erleben Unabhängigkeit und Sicherheit, und das stärkt ihr Selbstbewusstsein", sagt die Bürgermeisterin.
Hinzu kommt der Faktor Bewegung. Da die Kinder, abgesehen von den Pausen, im Unterricht meist still sitzen müssen, ist der morgendliche Weg zur Schule für sie eine Wohltat. Ist der Schulweg zu weit und wollen oder müssen die Eltern das Auto nutzen, gibt es immer noch eine Möglichkeit: das Kind in sicherer Entfernung zur Schule absetzen und wenigstens die letzten Meter zu Fuß zurücklegen lassen.
Unterdessen versuchen Schulen, Verkehrserzieher und Verwaltung gemeinsam, die Schulwege sicherer zu machen. Zum Beispiel mit "gelben Füßen", die den Kindern einen empfohlenen Weg weisen und auf besondere Gefahrenpunkte aufmerksam machen. Was in Feyen existiert, soll bald auch in Tarforst Schule machen.
Dort beteiligt man sich regelmäßig an der Kindermeilen-Kampagne der Lokalen Agenda 21. Die Aktion richtet sich an die mehr als 3160 Grundschüler in Trier. Diese können grüne Meilen sammeln, wenn sie ihren Schulweg zu Fuß, auf zwei Rädern oder auch mit dem Bus, also umweltfreundlich, zurücklegen. "Das motiviert unsere Schüler immer wieder, die wollen unbedingt Meilen sammeln." Leinen-Voigt verhehlt nicht, dass es auch ein mühseliges Thema ist, doch einige Mütter und Väter habe man schon überzeugen können, ihr Elterntaxi stehen zu lassen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser: Sind Sie auch genervt von Elterntaxis? Oder haben Sie Verständnis dafür, wenn Kinder jeden Morgen bis vor die Schule gefahren werden? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in Kürze per E-Mail an echo@volksfreund.de. Bitte Name und Anschrift nicht vergessen.

"Man muss seinem Kind was zutrauen"

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