Weg mit den alten Zöpfen!

"Trier macht Schule" - unter dieses Motto stellte die CDU ihren offenen Kreisparteitag in der Aula des Schulzentrums am Mäusheckerweg. Nicht nur Mitglieder beteiligten sich an der fast dreistündigen Veranstaltung, sondern auch etliche Akteure aus dem Bildungs-Sektor.

Trier. 17 DinA4-Seiten ist der Leitantrag lang, den die CDU nach ausführlicher bildungspolitischer Grundsatzdebatte weitgehend einmütig beschloss. Man muss sich schon durch allerlei allgemeine Vorbemerkungen, landespolitische Aussagen und Zitate aus den Bürgerkonferenzen kämpfen, um die wirklich spannenden Punkte für die Trierer Schullandschaft zu finden.

Aber die bieten durchaus Überraschungen. So plädieren die Christdemokraten dafür, die Zuständigkeit für die Schulen und den vorschulischen Bereich in einem Dezernat zusammenzufassen - und attestieren damit ihren bislang zuständigen Dezernenten Bernarding und Holkenbrink in bemerkenswerter Ehrlichkeit, dass sie eine vernünftige Koordination ihrer Ämter nicht zustande gebracht haben. Die Kooperation zwischen Kitas und Grundschulen, der eine hohe Bedeutung beigemessen wird, soll noch in das Schulentwicklungskonzept eingearbeitet werden.

Offenheit lautet auch die Devise in Sachen Finanzen: "Drei bis fünf Millionen Euro" müsse man jährlich zum Abbau des Sanierungsstaus im städtischen Investitions-Haushalt einbauen, bekundete Fraktions-Chef Bertrand Adams - wohl wissend, dass damit in den nächsten zehn Jahren außer Schule so gut wie nichts mehr geht. So weit hat sich bislang noch kein Politiker vorgewagt.

Gesamtschule als Wahlmöglichkeit



Und noch einen alten Zopf schneiden die Christdemokraten ab: Sie plädieren für die Einrichtung der einstmals verfemten Gesamtschule als Wahlmöglichkeit für Eltern und Schüler. Neu ist auch die Idee, eine Bildungsagentur zu gründen. "Weg von der Verwaltung, hin zur Gestaltung", sagt der CDU-Vorsitzende Bernhard Kaster.

Was die "Juckepunkte" des Schulentwicklungskonzepts angeht, plädieren die Christdemokraten für einen "grundsätzlichen Erhalt" der Grundschulen in allen Stadtteilen. Sie weisen allerdings auch darauf hin, dass sich unter dieser Prämisse "viele Bürger Zusammenlegungen oder Umzüge von Schulen in neue, standortnahe Gebäude vorstellen können".

Weitere CDU-Forderungen sind der Ausbau des Ganztags-Angebots, eine Neuermittlung des Raumbedarfes unter Berücksichtigung von Förder-, Bibliotheks- und Computerräumen und eine europäische Ausrichtung der Schulen, unter anderem durch ein flächendeckendes Französisch-Angebot. Auf Vorschlag der Versammlung wurden auch die Stärkung der Budget-Rechte der einzelnen Schulen sowie die Einstellung zusätzlicher Schulsozialarbeiter aufgenommen.

Geht es nach dem CDU-Papier, sollen die Trierer Hochschulen stärker in die kommunale Bildungspolitik eingebunden werden. Deren Musik spielt künftig ohnehin nicht mehr alleine im Rathaus: Trier sei "Schulstadt für eine ganze Region", sagen die Christdemokraten.

Deshalb müsse die Beratung des Schulentwicklungskonzepts "in wesentlichen Teilen einer Beratung im Kreis Trier-Saarburg und den betroffenen Verbandsgemeinden zugänglich gemacht werden".

Meinung

Nichts übers Knie brechen

Es sieht so aus, als käme die Diskussion um das Schulentwicklungskonzept endlich über den Status einer Abwehr- und Vermeidungsdebatte hinaus. Das Grundsatzpapier der CDU enthält spannende Ansätze: Bildungs-Agentur statt Schulverwaltung, Bündelung der Verantwortung für Schule und Kita-Bereich in einem Dezernat, stärkere Budget-Hoheit bei den Schulen, Zweckverbände über die Stadtgrenzen hinaus. Gleiches gilt für die SPD-Anregung, zu prüfen, wie man eine sinnvolle organisatorische Zusammenarbeit in Grundschulverbünden auch ohne teure Verwaltungsdirektoren und verfrühte Schwerpunktsetzung realisieren kann. Da sollte man das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Und wenn denn - worin sich die großen Parteien wohl einig sind - die Stadtteil-Standorte bei den Grundschulen erhalten bleiben sollen, müssen sie ja nicht zwangsläufig allesamt autarke Königreiche sein, wie es bisher war. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang eine rationale Debatte über eine Lockerung der Schulbezirke möglich, ohne die jeder Versuch scheitern wird, die Schulen zum kreativen Wettbewerb herauszufordern. In anderen Bereichen zeichnet sich Konsens ab: Die CDU geht den Weg Richtung Gesamtschule mit. Mehr Sekretariats-Stunden und Sozialarbeiter, mehr individuelle Förderung, eine umfassende bauliche Sanierung, Modernisierung der Ausstattung: Das wollen alle. Wenn man aber die Realisierung ernsthaft betreiben will, müssen neue Ideen sorgfältig und in Ruhe in das Schulentwicklungskonzept eingearbeitet werden. Auch die von der CDU geforderte Integration des vorschulischen Bereichs und die Neubewertung des Raumbedarfs werden Zeit in Anspruch nehmen. Es spricht vieles dafür, ohne Zeitdruck mit der Verwaltung und dem Runden Tisch weiter zu arbeiten, statt vor der Kommunalwahl ein Rumpf-Konzept übers Knie zu brechen. d.lintz@volksfreund.de

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