Weihnachten an der Theke

TRIER. (daj) Döner statt Weihnachtsgans: Wer abseits seiner Familie den Heiligabend verbringen wollte, hat in Trier mancherorts eine offene Tür gefunden – ob beim Imbiss oder in Kneipen.

Mahmut Kunduru schneidet gleichmäßig dicke Scheiben von seinem Drehspieß - so wie an jedem anderen Arbeitstag. Der Unterschied heute: Es ist Heiligabend. Der Imbiss am Saarbrücker Eck ist dennoch geöffnet, nur wenige Gäste sitzen an der Theke. Eine Kundin trinkt eine Flasche Piccolo. Bis um 21 Uhr hat sie selbst in einem Lokal gearbeitet. Nein, eine Weihnachtsfeier habe es bei ihr nicht gegeben, für sie war es fast ein Tag wie jeder andere. "Weihnachten ist nicht mehr wie früher", stellt sie fest. Es klingt nicht nach Bedauern, sondern nüchtern. Immerhin habe es heute mehr Trinkgeld gegeben als üblich. Auch Mahmut Kunduru hat kein Problem damit, am Heiligabend zu arbeiten. Als Moslem ist ihm das Weihnachtsfest ohnehin nicht so wichtig. "Manche türkischen Familien feiern mit ihren Kindern, aber ich bin ledig." Bei den großen Schnellrestaurants und den meisten Speisegaststätten bleiben am Heiligabend die Türen verschlossen, der Weihnachtsmarkt ist längst abgebaut. Wer jetzt Hunger bekommt, der hat nicht viel Auswahl. Eine Möglichkeit bietet das China-Restaurant in der Fleischstraße. "Heute sind vor allem Touristen gekommen", berichtet Inhaber Danian Wang. "Wir hatten viele Anfragen aus Hotels nach unseren Öffnungszeiten." In China ist der wichtigste Feiertag das Neujahrsfest. "Aber einen kleinen Weihnachtsbaum haben wir trotzdem gekauft", sagt Wang. Anders sieht es am Viehmarktplatz aus. "Mit Weihnachten habe ich nichts am Hut", sagt der Mann hinter der Theke, der sich nur "Simplicissimus" nennt - genau wie sein Lokal. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass die Teelichter in weihnachtlichen Gläsern stehen. In den Ohrläppchen der Bedienung baumeln sogar funkelnde Schneesterne. Ganz ohne Weihnachten geht es offenbar doch nicht.

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