Weiter auf Bündniskurs

Trier · Voller Erfolg: So lautet zumindest die Zwischenbilanz der grünen Stadtratsfraktion zum Bündnis mit der CDU. Kritik daran gab’s beim Parteitag nur wenig - auch, weil manche Mitglieder angesichts des Wandels ihrer Partei wohl resigniert haben.

Trier Ausgerechnet an diesem Abend, an dem es um die Halbzeitbilanz des schwarz-grünen Verantwortungsbündnisses im Trierer Stadtrat geht, und es an der Zeit wäre, über einige Dinge offen zu sprechen, hält die sonst nicht gerade für Zurückhaltung bekannte Petra Kewes ihren Mund. Nur einmal meldet die Fraktionsvorsitzende sich zu Wort. Um genau einen Satz zu sagen. Und zwar: "Die kommunalen Geschwindigkeitskontrollen sind der größte Erfolg unseres Bündnisses mit der CDU." Ausgerechnet die städtischen Tempokontrollen als Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der CDU? Dabei hatte die CDU sich doch vehement dagegen gestemmt, dass die Stadt die Tempoüberwachung von der Polizei übernimmt. Lediglich CDU-Rätin Lydia Hepke - ganz nebenbei: eine ehemalige Grüne - hatte bei der superknappen Abstimmung in den Reihen der Christdemokraten ihren Arm gehoben. "Und diese eine Stimme hat gereicht, damit wir die Tempokontrollen durchsetzen konnten", raunt eine ehemalige grüne Stadträtin gen Pressebank. Ach so.
Das Beispiel lässt erahnen, wie viel Taktik hinter der "Verantwortungsgemeinschaft" steckt, zu der CDU und Grüne sich nach der Kommunalwahl 2014 zusammengetan haben: Sorgfältig wird ausgelotet, wie bei gegensätzlichen politischen Einstellungen - Autofahrerpartei gegen Radfahrer-Lobby etwa - mal der eine, mal der andere zum Ziel getragen wird. Notfalls mit einer einzigen Stimme - die den Rest der Fraktion das Gesicht wahren lässt.
Vizefraktionssprecher Reiner Marz nennt ein weiteres Beispiel für einen grünen Erfolg, der angeblich ohne Rückendeckung der CDU nicht möglich gewesen wäre: "Im Entwurf des Flächennutzungsplans war ein Gewerbegebiet am Kockelsberg vorgesehen, nur mit Unterstützung unseres Bündnispartners konnten wir erreichen, dass dieses aus den Plänen gestrichen wird." Ur-Grüner Horst Steffny pariert: "Unsinn. Der Kockelsberg ist Wasserschutzgebiet und wäre ohnehin als potenzieller Gewerbestandort gestrichen worden."
Ob die Grünen ihre politischen Ziele im Rat nicht auch ohne fixes Bündnis mit dem ehemaligen Erzfeind CDU hätten durchsetzen können, ist die zentrale Frage des Parteitags am Montagabend im Café Balduin. "Hätten wir auf wechselnde Mehrheiten gesetzt, hätten wir nichts Gescheites durchsetzen können", ist Stadtrat Richard Leukefeld überzeugt. "Ich kann an den Beschlüssen der vergangenen zwei Jahre nicht erkennen, was davon nicht auch mit anderen Parteien umsetzbar gewesen wäre", hält Neu-Fraktionär Bernhard Hügle dagegen.
Dass die grüne Ratsfraktion einstimmig den neuen CDU-Kulturdezernenten mitgewählt habe, resultiere definitiv nicht aus einem Bündniszwang, betont Fraktionsvize Marz: "Wir haben vor der eigentlichen Wahl eine geheime Probeabstimmung gemacht, in der sich jedes Fraktionsmitglied völlig frei entscheiden konnte. Alle haben für Schmitt votiert", sagt Marz. Was passiert wäre, wenn die Grünen dem CDU-Kandidaten die Unterstützung versagt hätten, lässt sich allerdings leicht ausmalen: Die Grünen hätten im Gegenzug ihre eigene Dezernentenstelle im Stadtvorstand verloren. Denn im Oktober wird die Stelle der grünen Bürgermeisterin Angelika Birk neu besetzt (siehe Info). Damit, dass die CDU dann den grünen Wunschkandidaten unterstützt, dürfen die Grünen wohl im Gegenzug für die Loyalität bei der Schmitt-Wahl rechnen. "Das ist das einzige wahre Ziel des schwarz-grünen Bündnisses. Aber was nutzt uns ein Platz im Stadtvorstand, wenn die Wähler das Vertrauen in uns verlieren, uns für eine Macht- statt für eine Alternativpartei halten und wir bei der nächsten Kommunalwahl abstürzen und es nur noch auf vier oder fünf Plätze im Stadtrat schaffen?", sagt ein Trierer Grüner der ersten Stunde nach dem Parteitag im Gespräch mit dem TV. Frust und Resignation sind unverkennbar.KEINE ZWEITE AMTSZEIT FüR DEZERNENTIN BIRK


Extra

Vize-Fraktionssprecher Marz hat am Montag erstmals öffentlich erklärt, dass seine Fraktion eine zweite Amtszeit von Sozialdezernentin Angelika Birk nicht unterstützen werde. Er bestätigte damit einen entsprechenden Bericht des TV vom 8. Februar. Warum sich die Fraktion gegen eine mögliche Wiederwahl Birks positioniere, könne er "aus Datenschutzgründen" nicht öffentlich machen, sagte Marz. Birk selbst wollte sich nicht zu der Sache äußern, sagte beim Parteitag aber: "Ich bedauere die Entscheidung der Fraktion sehr. Und ich halte es für ungewöhnlich, dass eine Fraktion sich lange Zeit vor der Wahl so deutlich öffentlich positioniert." (woc)

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