Wenig Lohn für wichtige Arbeit

Bis 2013 muss die Stadt die Zahl ihrer Tagesmütter mehr als verdoppeln. Das schreibt das neue Betreuungsgesetz vor. Doch die Stimmung einiger Ersatzmamas ist ähnlich schlecht wie deren Entlohnung.

 Tagesmutter Elke Bockius – hier mit ihren Tageskindern Alma und Celina und Tochter Eva – liebt ihren Job, gibt ihn aber wegen der finanziellen Bedingungen auf. TV-Foto: Christiane Wolff

Tagesmutter Elke Bockius – hier mit ihren Tageskindern Alma und Celina und Tochter Eva – liebt ihren Job, gibt ihn aber wegen der finanziellen Bedingungen auf. TV-Foto: Christiane Wolff

Trier. Clemens ist montags bis mittwochs von 7.30 Uhr bis 13.45 Uhr bei seiner Tagesmutter Elke. Alma kommt nur mittwochs und donnerstags, dafür aber bis 17.30 Uhr. Und Celine wird von ihren Eltern an jedem Vormittag der Woche zum Spielen, Schlafen und Essen in die gemütliche, helle und große Altbauwohnung gebracht, in der Elke Bockius zusammen mit ihrem Mann und den eigenen drei Kindern wohnt. "Aber manchmal kommen Eltern auch ein bisschen früher am Morgen - oder holen die Kinder später ab, weil sie länger zum Einkauf brauchen oder im Stau stecken", sagt Tagesmama Elke.

Neben einem Obolus für die privaten Renten-, Kranken- und Haftpflichtversicherungen, erhält die gelernte Krankenschwester vom Jugendamt für Clemens, den sie 54 Stunden pro Monat betreut, monatlich 240 Euro, für Alma (80 Stunden/Monat) 300 Euro und für Celina (124 Stunden/Monat) 420 Euro. "Von den insgesamt 960 Euro muss ich allerdings alle Anschaffungen wie Bettchen, Schlafsäcke, Kinderbesteck und auch Frühstück, Mittagessen, Snacks, Getränke und Strom und Wasser bezahlen", zählt Bockius auf. Übrig bliebe ein durchschnittlicher Stundenlohn von drei bis vier Euro. Zwar dürfte sie bis zu fünf Kinder betreuen - und dadurch ihr Einkommen je nach Betreuungszeiten steigern. "Aber fünf kleine Kinder gleichzeitig und gut zu betreuen, ist schier unmöglich." Zumal, wenn die Eltern unterschiedliche Betreuungszeiten möchten oder mehrere Kinder gleichzeitig zahnen würden oder dabei wären, sauber zu werden, sei man rund um die Uhr beschäftigt. "Ich liebe den Job als Tagesmutter - aber die Umstände und besonders der Verdienst sind so schlecht, dass ich zum Jahresende aufhöre", zieht Bockius nach zwei Jahren als Ersatzmama ihre Konsequenzen. Und auch andere Tagesmüttern seien beim letzten Stammtisch nicht bester Stimmung gewesen.

Steuern und Sozialabgaben auch für Tagesmütter



"Für eine Erwerbstätigkeit ist der Lohn sehr niedrig", räumt ein Sprecher des städtischen Jugendamts ein. Und: "Wir setzen bei den Tagesmüttern schon ein bisschen darauf, dass das Geld für sie nicht die einzige Motivation ist, sondern sie einfach gerne Kinder betreuen möchten."

Mit dieser Einstellung dürfte es schwierig werden, dem neuen Kinderförderungsgesetz nachzukommen. Denn das verlangt nicht nur die Aufstockung von Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten (TV vom 2. Oktober), sondern auch deutlich mehr so genannte Tagespflegeplätze bei Tagesmüttern.

Zurzeit bieten in Trier 80 beim Jugendamt gemeldete Tagesmütter rund 113 Betreuungsplätze für Kinder zwischen 0 und 14 Jahren an. "Bis spätestens 2013 müssen wir allerdings weitere 160 Tagespflegeplätze alleine für unter Dreijährige schaffen", berichtet der Jugendamts-Sprecher. Wie viele Kinder eine Tagesmutter aufnimmt, hängt von deren Wunsch, aber auch von ihrer Qualifikation und der Größe der Wohnung ab. Wie viele neue Tagesmütter es braucht, um die geforderten 160 neuen Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu schaffen, steht deshalb nicht genau fest. Auch weil Tagesmütter demnächst steuerpflichtig werden und auch Sozialabgaben zahlen müssen, will das Jugendamt deren Bezahlung künftig "leistungsgerecht nach oben anpassen".

Für Elke Bockius kommt das zu spät: Im Januar will sie einen eigenen, für Trier neuen, Betreuungs-Service gründen: Mit Mitarbeiterinnen will sie bereit stehen für Eltern, die kurzfristig Hilfe benötigen, weil Kinder plötzlich krank sind und nicht in Schule oder Kita geschickt werden können. Extra Tagesmütter Tagesmutter kann werden, wer eine entsprechende Qualifikation durch Ausbildung oder Berufserfahrung hat oder einen Qualifizierungskursus bei der Familienbildungsstätte absolviert. Die Kinder werden in der eigenen Wohnung betreut, die entsprechend geeignet sein muss. Wer für sein eigenes Kind einen Tagespflege-Platz sucht, meldet sich beim Jugendamt. Die Elternbeiträge sind ähnlich wie bei Kindertagesstätten und richten sich nach dem Einkommen. Allerdings sind bei Tagesmüttern flexiblere Betreuungszeiten möglich. Bei einem Familien-Nettoeinkommen bis 1300 Euro sind die Plätze kostenfrei. Bei einem Netto-Einkommen bis 2600 Euro kostet zum Beispiel ein Vollzeitplatz (35 Betreuungsstunden pro Woche) 216 Euro.

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