Wenn Alkohol die Sinne vernebelt

TRIER. An Karneval sind die Straßen voller betrunkener Autofahrer - ist das wirklich so, oder sind die Menschen vernünftiger als allgemein angenommen? Die Kampagnen von Polizei, ADAC und Verkehrswacht scheinen erfolgreich zu sein: Nach den Zahlen der Trierer Polizei saßen im vergangenen Jahr an den tollen Tagen nicht wesentlich mehr Betrunkene am Steuer als sonst auch.

 Getrübte Wahrnehmung: Wer viel getrunken hat, sollte das Auto stehen lassen.Foto: Wolfgang Lenders

Getrübte Wahrnehmung: Wer viel getrunken hat, sollte das Auto stehen lassen.Foto: Wolfgang Lenders

VerstärkteAlkoholkontrollen, Info-Kampagnen und Aufklärung vonFahranfängern - die Abschreckung scheint zu funktionieren. Knappfünf Blutproben wurden im Durchschnitt im Bereich desPolizeipräsidiums Trier im vergangenen Jahr pro Tag angeordnet -gerade einmal 40 waren es trotz der häufigeren Kontrollen an densechs Tagen von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch - 171 malmussten Autofahrer noch im Jahr 2001 zur Blutentnahme. Knappunter dem Durchschnitt war sogar die Zahl der Unfälle, bei denenAlkohol im Spiel war: Nur bei acht von 238 Verkehrsunfällenhatten die Fahrer getrunken. Beamte hoffen auf Einsicht

"Zu hoffen ist, dass das aufgrund besserer Einsicht so ist", sagt Monika Peters vom Polizeipräsidium. "Wir hoffen, dass auch in diesem Jahr die Verkehrsteilnehmer die Hände vom Steuer lassen, wenn sie etwas getrunken haben. Wir werden verstärkt kontrollieren."

Positiv zeigt sich die verstärkte Polizeipräsenz in der Präventionsarbeit: Während an einem durchschnittlichen Tag nur zwei Fahrten unter Alkoholeinfluss von den Beamten verhindert wurden, waren es an Karneval mehr als viermal so viele.

Auch in diesem Jahr wird es für viele Autofahrer heißen: "Einmal blasen bitte!" Auf ertappte Alkoholsünder kommen drakonische Strafen zu: Auch wer keine Fahrfehler begeht, ist ab einem Messwert von 0,5 Promille den Führerschein los - mindestens für einen Monat. Die Ordnungswidrigkeit wird mit einem Bußgeld in Höhe von 250 Euro und vier Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei geahndet.

Aber auch Fahrer, die weniger getrunken haben, dürfen sich nicht sicher fühlen: Wer auffällig fährt oder einen Unfall verursacht, begeht bereits ab 0,3 Promille eine Straftat, ebenso wie jeder, der die vom Gesetzgeber definierte Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille erreicht. Die wird mit Führerscheinentzug, sieben Punkten in Flensburg und einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen geahndet.

Ist die Fahrerlaubnis erst einmal entzogen, muss sie bei der Führerscheinstelle neu beantragt werden. Das geht aber erst nach einer gerichtlich festgelegten Sperrfrist. Wer wiederholt aufgefallen ist oder einmalig mit einem Wert ab 1,6 Promille angehalten wurde, muss sich der "Medizinisch Psychologischen Untersuchung" (MPU) unterziehen. Angeboten wird sie von unabhängigen Organisationen.

Beim TÜV in Trier beurteilt Psychologe Bernd Gummert, wie hoch die Rückfallgefahr bei alkoholauffälligen Autofahrern ist. Nach seiner Erfahrung setzen sich die meisten aus Selbstüberschätzung hinters Steuer. "Die Leute fühlen sich fahrtüchtig, obwohl sie objektiv gesehen dazu nicht mehr in der Lage sind", sagt er. "Es kommt nur sehr selten vor, dass jemand, der sich selbst nicht mehr dazu in der Lage fühlt, noch fährt."

Viele Alkoholsünder haben sich exzessives Trinken angewöhnt. Sie zählen nicht, wie viel sie schon intus haben. "Da die Leute meist heil nach Hause kommen, erleben sie sogar einen Erfolg", meint der Psychologe. "In einer kritischen Situation können sie aber nicht mehr angemessen reagieren."

Mit unglaublichen Geschichten versuchen manche Autofahrer, einen Alkoholunfall vor sich selbst zu rechtfertigen. Gummert: "Manchmal bekommen wir sogar Entschuldigungen wie: \'Und dann ist mir der Baum vors Auto gesprungen\\' zu hören." Mit Schuldgefühlen kämpfen müssen Fahrer, die betrunken einen Mitmenschen verletzt oder getötet haben. Gummert: "Viele leiden Jahre darunter, versuchen durch Ausflüchte die Tragweite ihres Verhaltens nicht an sich heranzulassen."

Wer den Führerschein verloren hat, kann mit speziellen Kursen seine Chancen verbessern, ihn wiederzubekommen. "Auf jeden Fall frühzeitig sachgerecht informieren, nicht erst die Sperrfrist verstreichen lassen", rät der Psychologe.

Schon ab einem Wert von 0,3 Promille lassen das Sehvermögen und die Bewegungskoordination nach - was in kritischen Sekunden entscheidend sein kann. Bei 0,5 Promille ist die Reaktionsgeschwindigkeit weiter gesunken, dafür steigt aber die Risikobereitschaft. "Schon jetzt ist die Gefahr, einen Unfall zu bauen, doppelt so hoch wie in nüchternem Zustand", erklärt Gummert. Ab 0,8 Promille plagen den Fahrer Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsstörungen.

In einem sind sich die Experten einig: Wer trinken will, sollte das Auto in der Garage lassen. Auch am nächsten Morgen sollte, wer bis in die Nacht gezecht hat, besser den Bus nehmen. Denn oft ist der Alkohol im Körper noch nicht vollständig abgebaut.

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