Wenn Klänge im Kopf entstehen

TRIER. "Ich bin in Trier bekannt als ein Individuum", sagt Joachim Reidenbach über sich selbst. Seit knapp 30 Jahren arbeitet er als Regionalkantor für das Bistum Trier und stellt in St. Paulin kirchenmusikalische Konzerte auf die Beine.

 Orgel spielen kann Regionalkantor Joachim Reidenbach aufgrund seiner Knieprobleme derzeit nicht. Nun widmet er sich mit Bleistift und Radiergummi verstärkt seinen Kompositionen. TV-Foto: Kerstin Smirr

Orgel spielen kann Regionalkantor Joachim Reidenbach aufgrund seiner Knieprobleme derzeit nicht. Nun widmet er sich mit Bleistift und Radiergummi verstärkt seinen Kompositionen. TV-Foto: Kerstin Smirr

Die Musik, das ist für Joachim Reidenbach Beruf und Berufung zugleich. "Offiziell habe ich einen freien Tag in der Woche, der in der Regel aber ausfällt", sagt der Regionalkantor. "Wenn man den Beruf in dieser Intensität ausfüllen möchte, geht es nicht ohne diesen Zeitaufwand." Doch derzeit sitzt Joachim Reidenbach notgedrungen mehr daheim auf der Couch als an der Orgel: Das Knie schmerzt. Ärgerlich für einen Kirchenmusiker, der es gewohnt ist, tagtäglich die Pedale an der Orgel zu bedienen. "Das Knie drangsaliert mich seit fünf Jahren", sagt Joachim Reidenbach. "Nach sieben Operationen hoffe ich, nun endgültig der Genesung entgegenzuschauen." Verschiedene Konzerte, wie das traditionelle Silvesterkonzert in St. Paulin, musste Reidenbach abblasen. Ab Juni will er jedoch wieder an der Orgel sitzen. Bis dahin bleibt ihm Zeit, sich am heimischen Flügel verstärkt seinen Kompositionen zu widmen. "Die Arbeit fehlt mir kolossal. Die Komposition rettet mich da ein bisschen", sagt der Kirchenmusiker. Seit dem Kindesalter widmet sich Reidenbach der Musik. Mit fünf Jahren nimmt er Klavierstunden. Ab dem 14. Lebensjahr - "seitdem die Füße ans Pedal kommen" - sitzt er an der Orgel. Nach der Schule folgt in Saarbrücken das Studium der Kirchenmusik mit dem Kantorenexamen in der höchsten Kategorie "A". Er absolviert parallel ein Kapellmeisterstudium und lässt sich in Komposition ausbilden. 1973 kommt er dann als Kirchenmusiker zum Bistum Trier, arbeitet seitdem in verschiedenen Pfarreien. Unterricht und Proben bestimmen den Alltag

"Ich hatte nach dem Studium auch Angebote für den süddeutschen Raum", erzählt er, "aber als Urtrierer bin ich meiner Heimat treu geblieben". Seine Verbundenheit mit der Region äußert sich bei Reidenbach übrigens auch mit dem Genuss des hiesigen Einheimischen-Getränks: "In meiner Freizeit pflege ich den Besuch meiner Stammkneipe, wo ich gerne Viez trinke." Seit 1978 ist Reidenbach nun am Bistum Kantor für die Region Trier. Für ihn hat sich das Berufsbild gewandelt: Früher betreute er hauptsächlich Kirchenmusiker und -chöre, organisierte Tagungen und kirchenmusikalische Veranstaltungen. Heute unterrichtet er vor allem Kirchenmusiker und probt mit Chören sowie Solisten. Seit 1993 ist Reidenbach Organist und Chorleiter an der Basilika St. Paulin. An Festtagen, den Adventssonntagen und den vierwöchigen Orgelmatineen im Sommer sorgt Reidenbach für besondere musikalische Gestaltung. "Diese Veranstaltungen haben einen sehr guten Ruf", sagt er. Das Gotteshaus sei bis auf den letzten Platz gefüllt. Joachim Reidenbach beschreibt sich in seiner Arbeit mit anderen als "absolut autoritär", in seiner Lebensführung als "unkonventionell". Er ist Vater von sechs Kindern im Alter von vier bis 32 Jahren. Er selbst bezeichnet sich als "Individuum". So sei er für seine originellen Anmerkungen bekannt. Höhen und Tiefen hat er in seinen 60 Lebensjahren überwunden. "Aber das hat mich nicht bitter gemacht. Im Gegenteil: Ich habe Lebenserfahrung gewonnen."

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