Wenn Papa Mama schlägt

Kinder sind oft die Leidtragenden in Familien, in denen Gewalt zwischen den Partnern die Regel ist. Wenn sie nicht selbst körperliche Schäden erleiden, sind sie aber immer Opfer psychischer Gewalt.

Trier. Der dreizehnjährige Sven und seine sechsjährige Schwester Anna werden in der Nacht von lauten Geräuschen geweckt. "Nein, nicht schon wieder", schießt es Sven durch den Kopf. Seine Ahnung trügt ihn nicht. Durch einen Türspalt kann er sehen, wie sein Vater ausholt und die Mutter ins Gesicht schlägt. Dann tritt er sie in den Bauch. Anna weint. Sven bringt seine kleine Schwester ins Bett und tröstet sie."Die Verantwortung, die Kinder übernehmen, ist ein ganz typisches Phänomen in solchen Gewaltfamilien und sehr belastend für die Kinder", berichtet Christiane Tito vom Verein "Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais".Kommt es in engen sozialen Beziehungen zu Gewalt zwischen den Partnern, so sind die Kinder immer mit betroffen. Sie erleiden mitunter selbst körperliche Schäden, sind aber in jedem Fall Opfer psychischer Gewalt durch das Miterleben der Vorfälle. Die Folgeschäden sind unterschiedlicher Natur: Schlafstörungen, Schwierigkeiten in der Schule, Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensauffälligkeiten - von Aggressivität bis Niedergeschlagenheit oder Ängstlichkeit, erläutert Dorothee Wassermann vom Jugendamt Trier.Die Kinder empfinden einen großen Druck, weil sie - wie ihre Eltern - versuchen, die Gewalt nach außen zu verheimlichen und, wie in Svens Fall, zudem noch die Mutter zu beschützen. Sven hat so große Angst, die Mutter alleine zu lassen, dass er sich Lügen ausdenkt, um nicht in die Schule gehen zu müssen. Dass die Mutter ihn beim Schwänzen gewähren lässt, ist ebenfalls typisch für die familiäre Situation, erklärt Christiane Tito. "Die Eltern sind so sehr mit ihrer eigenen Situation beschäftigt, dass sie die Kinder mit ihren Problemen alleine lassen."Das Kinder- und Jugendhilfegesetz bietet über das Jugendamt eine breite Palette an Hilfs- und Unterstützungsangeboten. "Zum Wohle der Kinder vor allem bei familiären Gewaltsituationen gilt es, frühzeitig zu intervenieren, gemeinsam mit den Eltern über Hilfsangebote einen Ausweg zu finden", erläutert Wassermann.Sie sieht daher die Tagung "Gemeinsam gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen", eine Initiative von Stadt und Polizei, als wichtigen Baustein an, um für einen wirksamen Kinderschutz die Vernetzung der unterschiedlichen Hilfseinrichtungen zu verbessern. EXTRA Tagung: Am Freitag, 11. April, findet auf Initiative von Stadt und Polizei die Tagung "Gemeinsam gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen" statt. Tagungsort ist die Katholische Akademie auf dem Markusberg in Trier. Beginn ist um 9.30 Uhr. Zu hören sind sechs Vorträge von Mitarbeitern des Polizeipräsidiums, der Interventionsstelle, des Frauenhauses, von Pro Familia, des Jugendamtes und des Regionalen Runden Tisches. Den Schlusspunkt setzt um 15 Uhr eine Podiumsdiskussion aller Referenten. Die Veranstaltung ist öffentlich.EXTRA Anlaufstellen für Hilfesuchende: Frauenhaus Trier, Telefon: 0651/74444 Frauennotruf Trier, Telefon: 0651/19740 Haus Maria Goretti (Notaufnahmeheim für Frauen und Mädchen), Telefon 0651/9496150 Kinder- und Jugendtelefon des Kinderschutzbundes gebührenfreies Telefon: 0800/1110333 Telefonseelsorge: 0800/1110111 Lebensberatung der katholischen Kirche, Telefon: 0651/75885 Jugendamt Stadt Trier, Telefon: 0651/7181511.

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