Wenn der eigene Partner zuschlägt

Was sind die Gründe für Gewalt in Familien? Was kann präventiv getan werden? Welche Auswege gibt es für Betroffene? Um diese Fragen kreiste die Podiumsdiskussion "Gemeinsam gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen", veranstaltet vom Opferschutzbund "Weißer Ring" und moderiert von TV-Redakteur Dieter Lintz.

Trier. (kbb) Wenn Friedegunde Bölt über Gewalt in Beziehungen spricht, lässt der große Grad an Abstraktion, der ihren Ausführungen zugrunde liegt, eine gewisse Distanz vermuten. Doch sind die Erkenntnisse der Leiterin des Kasseler Zentrums für Psycho-Traumatologie dafür von umso größerem theoretischem Gehalt. Mit ihrer These, dass die Ausprägung sowohl der Täter-, als auch der Opferrolle stark mit Gewalterfahrungen in der Kindheit zusammenhängt, bot sie den theoretischen Unterbau für die übrigen Diskussionsteilnehmer, die ihre praktischen Erfahrungen mit Gewalt in Beziehungen schilderten. "Die Kollegen erleben das jeden Tag", sagte Polizeidirektor Jürgen Schmitt vom Polizeipräsidium Trier und berichtete von einer neuen Leitlinie für Polizisten. "Vor 2003 sollten wir vor allem den akuten Konflikt schlichten, jetzt stehen Hilfe und Beratung des Opfers im Mittelpunkt." Vor allem der Platzverweis gegen den gewalttätigen Partner habe sich als effektiv erwiesen, sagte Rechtsanwältin Ruth Streit-Stifano Eposito. Allerdings gibt es das Problem, dass ein Großteil der Fälle von häuslicher Gewalt gar nicht erst aktenkundig werde. "Es kommt nach einem Übergriff häufig zu sogenannten ,dysfunktionalen Strategien', die Frau fühlt sich schuldig oder sucht die Verantwortung für die Tat bei sich selbst", sagte Bölt vor den rund 25 Zuhörern. Ute Theiß, Sozialpädagogin beim rheinland-pfälzischen Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (RIGG), stellte deshalb die Prävention als aktiven Opferschutz in den Vordergrund. Mit den vielschichtigen Motiven der Täter beschäftigt sich Michael Charles, Sozialpädagoge bei "Pro Familia": "Eigene frühe Gewalterfahrungen sowie ein instabiles Selbstbewusstsein sind wesentliche Rahmenbedingungen, unter denen Partner zu Gewalttätern werden können." Schnelle Hilfe für Frauen zu bieten, die in der Beziehung Gewalt erleben, ist das Ziel des Trie rer Frauennotrufs, vertreten durch die Psychologin Bettina Mann. "Es ist nach einer Gewalttat wichtig, mit den Betroffenen einen Weg zu finden", sagte sie. Eine besondere Dimension von Gewalt in engen sozialen Beziehungen nehmen indes Übergriffe auf Kinder ein. "Das beginnt damit, dass Eltern ihren Kindern ein Lebenskonzept vermitteln müssen, das es ihnen ermöglicht, ihr Leben später mit Distanz zu reflektieren", sagte Bölt, "Leid ist nicht immer verhinderbar, Gewalt in der Familie aber schon." Dorothee Wassermann, stellvertretende Leiterin des Trierer Jugendamtes: "Die Tragik der Situation liegt darin, dass Kinder sich nicht selbst Hilfe suchen können." Durch Vernetzung der Einrichtungen müsse die Politik den Behörden mehr Zugänge schaffen, forderte sie.

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