Wenn die Sahnetorte brennt

TRIER. Sodbrennen ist wie Feuer im Magen. Falsche Ernähung - zu üppig, zu viel, zu fett, zu scharf, zu süß, zu sauer - hat die Wirkung von Brandbeschleunigern. Bei einem Arzt-Patienten Seminar in der Europahalle stieß das Thema Refluxkrankheit, so die medizinische Bezeichnung, auf außergewöhnliches Publikumsinteresse.

Referenten waren die Fachmediziner Professor Pan Decker, Chefarzt der Chirurgie I im Mutterhaus, Professor Thomas Schürmeyer, Endokrinologe und Gastroenterologe im Mutterhaus sowie Justus Kärner, niedergelassener Gastroenterologe in Trier. Referent in eigener Sache war der vom Sodbrennen genesene Josef Poll aus Trier. Von der Möglichkeit Fragen zu stellen, machten die Seminarteilnehmer lebhaften Gebrauch. Professor Decker zufolge leiden in Deutschland vierzig Prozent der Bevölkerung einmal monatlich an Reflux-Symptomen. Zwanzig Prozent haben wöchentlich damit zu tun. Zehn Prozent der Deutschen sind therapiebedürftig. Ein Prozent ist therapieresistent. Ein operativer Eingriff könnte helfen. Reflux bedeutet Rückfluss. Gemeint ist die Magensäure, die - bedingt durch mehr oder weniger starken Zwerchfellbruch oder Schwächung des Schließmuskels - in die Speiseröhre zurückfließt und deren empfindliche Schleimhaut entzündet. Quälendes Sodbrennen, saures Aufstoßen und Schmerzen beim Schlucken sind die Folge. Unbehandelt kann die Refluxkrankheit zu ernsthaften Folgeerkrankungen bis hin zur Krebsdiagnose führen. Sodbrennen, so war zu hören, vermag die Lebensqualität nachhaltiger zu verschlechtern als manches Herzleiden. In Amerika werde mehr Geld für die medikamentöse Therapie der Refluxerkrankung als für die der koronaren Herzkrankheit ausgegeben.Alkohol und Nikotin begünstigen Sodbrennen

Negative Auswirkungen auf den Verlauf eines Refluxleidens haben neben falscher Ernähung auch Nikotin, Alkohol und Stress sowie schlecht verträgliche Medikamente, zum Beispiel die zur Blutdrucksenkung oft verordneten Beta-Blocker und Calcium-Antagonisten. All das führt zu vermehrter Magensäureproduktion. Dabei gibt es, wie das Seminar zeigte, "gute bis sehr gute" Behandlungsmöglichkeiten. "Die Therapien, medikamentös und operativ, sind nicht gegensätzlich", betonen die Mediziner. Wichtig sei, für jeden Patienten das geeignete Verfahren anzuwenden. Bei der von den Gastroenterologen Thomas Schürmeyer und Justus Kärner praktizierten medikamentösen Therapie kommen je nach Magensäurekonzentration frei verkäufliche Säurebinder oder relativ schwache H2-Säureblocker zur Anwendung - in schweren Fällen jedoch die wesentlich stärkeren Protonenpumpenhemmer. Nach Abheilung der Schleimhautentzündung empfiehlt sich eine geringer dosierte Langzeittherapie. Die operative Therapie ist nach Darstellung von Professor Decker dann geeignet, "wenn große Zwerchfellbrüche vorliegen, wenn viel Volumen, auch Gallenflüssigkeit, zurückfließt, wenn unverträgliche Medikamente die Lebensqualität beeinflussen oder, wenn der Patient nicht lebenslang Medikamente einnehmen will". Therapieziel sei Beschwerdefreiheit und Abheilung der Schleimhautentzündung durch Ursachenbeseitigung sowie Krebsprophylaxe. "In der Regel haben die Patienten drei Monate nach der Operation die Lebensqualität eines Gesunden", schloss der Professor. Die Bestätigung lieferte Co-Referent Josef Poll. Sein Bericht über eine bei ihm optimal verlaufene Operation dürfte Angst genommen haben.

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