Wenn jeder Schritt schwer wird

Trier · Im Broadway-Kino in der Paulinstraße ging es einen Tag lang um das Thema Parkinson. Eine Erkrankung, von der viele Menschen glauben, dass nur alte Leute davon betroffen sind. Der Verein "Jung und Parkinson" richtete seine Veranstaltung vor allem an Erkrankte, die jünger als 50 Jahre alt sind.

Trier. Josefine Kraft schreitet behäbig in einem rot-grauen Overall im Foyer des Broadway-Kinos umher. Durch Gewichte an Armen, Beinen und Rumpf schleppt sie gut zehn Kilogramm mehr mit sich herum. Zusätzlich bewirken Elektroden an ihrem Unterarm unkontrollierte Zuckungen an Zeige- und Ringfinger der rechten Hand. Diese machen es unmöglich, die auf einem Tischchen stehende Kaffeetasse ruhig in die Hand zu nehmen. Die Aktion soll gesunden Menschen zeigen, wie sich Parkinsonpatienten fühlen. "Eine abstruse Erfahrung. Von solchen Dingen erzählt zu bekommen, ist die eine Sache - es selbst zu erleben, eine andere", sagt sie.
Auch die 24-jährige Melissa Rust aus Saarbrücken testet den Anzug. "Ich habe gerade mal zwei Minuten gestanden, und ich fühlte mich so schon so furchtbar schwer", sagt sie, und ihre Mutter Ulrike erwidert: "Siehst Du, das sage ich dir doch immer!" Im Gegensatz zu ihrer Tochter hat sie nicht die Wahl, einen Anzug abzulegen. Vor anderthalb Jahren bekam sie die Diagnose Parkinson, da war sie 47 Jahre alt. Die Gleichgewichtsstörungen, das Zittern, die innere Unruhe und die depressiven Schübe hatte sie bis dahin auf Stress und persönliche Sorgen geschoben. Die hübsche Frau mit den strahlend blauen Augen spricht sehr langsam, ansonsten ist ihr die Erkrankung nicht anzumerken. "Das ist tagesformabhängig", gibt sie zu. Dass sie nicht verzweifelt, ist in ihren Augen neben der Unterstützung durch ihre Tochter auch zu großen Teilen dem Selbsthilfeverein JuP zuzuschreiben. Die monatlichen Treffen mit Menschen, die das gleiche Schicksal haben, und der Austausch im Internet-Chat geben Ulrike Rust viel Kraft. Sie ist "jeden Tag dankbar, dass es diesen Verein gibt".
Rainer Stüber, 1. Vorsitzender von JuP, ist mit der Resonanz am MovieDay im Broadway sehr zufrieden. Während gut 60 Personen im Kinosaal 2 sitzen, um sich den Vortrag des Neurochirurgen Dr. Gernot Surges vom BKT über Hirnschrittmacher anzuhören, können Interessierte an einem Stand im Foyer diese Geräte anschauen und in die Hand nehmen. "Kieser Training" stellt spezielle Sportgeräte zur Verfügung. Auch der Vortrag des Physiotherapeuten Torsten Bernd zur BIG-Therapie findet das Interesse der Gäste. Prof. Dr. Rejko Krüger von der Universität Luxemburg referiert über seine Studie zu den möglichen Ursachen von Parkinson. Homepage des Vereins: <%LINK auto="true" href="http://www.jung-und-parkinson.de" class="more" text="www.jung-und-parkinson.de"%>Extra

Die Parkinson-Erkrankung ist die häufigste Erkrankung des zentralen Nervensystems und tritt überwiegend im Alter von 50 bis 60 Jahren auf. Nur etwa zehn Prozent aller Betroffenen erkranken vor dem 40. Lebensjahr. In den meisten Fällen tritt die Erkrankung ohne erkennbare Ursache auf, kann aber auch durch Medikamente, bestimmte Risikofaktoren, Hirnturmoren und seltene erbliche Erkrankungen ausgelöst werden. Bis jetzt ist Parkinson nicht heilbar, mit Hilfe von Medikamenten und/oder tiefer Hirn stimulation ("Hirnschrittmacher") kann jedoch der Krankheitsverlauf hinausgezögert werden. Die Symptome sind Bewegungsarmut, überschießende unkontrollierte Bewegungen, Muskelsteife, Zittern, Haltungsinstabilität und individuell ausgeprägt. Etwa 300 000 Menschen sind derzeit in Deutschland davon betroffen. kap

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