Wie der "Blechseppel" auf die Mauer kam

TRIER. Das Markenzeichen auf der Mauer: Die Kupferblech-Figur des Apostels Jakobus stand im Blickpunkt der jüngsten Bilderrätsel-Runde. Sie ziert die Zufahrt zum Weingut der Vereinigten Hospitien am Krahnenufer. Bei ihrer Aufstellung 1984 war sie nicht unumstritten und bekam auch gleich zwei Spitznamen mit: "Blechseppel" oder "Männesjen auf der Mauer".

Der verniedlichende Kosename "Männesjen" entspringt dem trierischen Hang zum sympathischen Understatement. Stolze 2,10 Meter misst die Heiligenfigur. Das "Vorbild" hingegen ist gerade einmal wenige Zentimeter groß. Bildhauer Adolf Steines stand als Vorlage die Sanctus-Jacobus-Figur vom Weinetikett der Vereinigten Hospitien zur Verfügung. "Eine ziemlich knifflige Angelegenheit", erinnert sich der 71-jährige Pluwiger, der damals seine Werkstatt in Bekond hatte. Zu den gestalterischen Anforderungen gesellte sich ein sinnvoller Richtungswechsel."Überrollbügel" als Heiligenschein

Auf dem Etikett schreitet Jakobus nach links. Von der Moselufer-Straße aus betrachtet, präsentiert sich die Heiligenfigur in entgegen gesetzter Gehrichtung. Hans Pilgram, seinerzeit Direktor der Vereinigten Hospitien, wollte den Werbe- und Imageträger für den Hospitien-Wein mit Blick nach rechts in Richtung Santiago de Compostela, dem Ziel des Jakobs-Pilgerweges, dargestellt wissen. Und zwar nicht als Relief, sondern als Vollplastik weithin sichtbar auf der Mauer links der Hospitien-Zufahrt. Kostenpunkt: rund 18 000 Mark. Adolf Steines hämmerte die Heiligenfigur aus rund 1,5 Millimeter starkem Kupferblech. Als sie im Herbst 1984 aufgestellt wurde, mokierten sich Puristen über den Überrollbügel-artig dargestellten Heiligenschein, der aber der vorgegeben Darstellung auf dem Weinflaschen-Etikett entspricht. Die Aufregung legte sich sehr schnell. Der im Volksmund auch "Blechseppel" titulierte Heilige kommt mit dem neuerlichen Jakobusweg-Boom zu neuen Ehren. Heute ist er ein beliebtes Fotomotiv für Touristen und erfüllt damit seinen Zweck als Galionsfigur des traditionsreichen Weingutes der Vereinigten Hospitien, das über den ältesten Weinkeller Deutschlands verfügt. Dessen Ursprung liegt in Mauerwerk, das um 330 n. Chr. errichtet wurde. Das Weingut steht auf dem Boden der Horrea, der alten römischen Lagerhäuser. Die beiden hallenartigen Bauten waren jeweils 70 Meter lang und 20 Meter breit. Das Mauerwerk ist teilweise noch erhalten. Die Figur des heiligen Jakobus mit Wanderstab und Jakobsmuschel nimmt Bezug auf das St.-Jakob-Hospital am heutigen Jakobsspitälchen. Dort fanden schon im Mittelalter Pilger auf der Wallfahrt zum Grab des Apostels Jacobus nach Santiago de Compostela im spanischen Galicien eine Herberge. Das 1239 erstmals urkundlich erwähnte Hospital bot später Armen und Gebrechlichen eine Zuflucht, versorgte sie mit Essen und einem Schlafplatz. Gründer der Vereinigten Hospitien ist Napoleon. Er fasste 1805 die über das gesamte Stadtgebiet verstreut liegenden katholischen Einrichtungen auf dem Areal der vormaligen Benediktinerinnen-Abtei St. Irminen zusammen. Wer beim Bilderrätsel mitgemacht und auf Jakobus getippt kann, hat gute Chancen auf einen der beiden Geldpreise von je 50 Euro. Die Gewinner-Namen lesen Sie in der Wochenend-Ausgabe.

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