"Wie ein Held fühlt man sich nicht"

TRIER/MAINZ. Vor vier Monaten griff der Trierer Architekt Jürgen Klaus ein, als in der Innenstadt ein Mann zusammengeschlagen wurde. Das rheinland-pfälzische Innenministerium verlieh ihm dafür den Preis für Zivilcourage.

Am liebsten hätte Jürgen Klaus die Geschichte ganz schnell vergessen, mit niemandem darüber geredet und die Sache sofort abgehakt. Doch dann erfuhr er, dass ihm für sein Handeln der rheinland-pfälzischen Preis für Zivilcourage verliehen werden solle. Innenminister Karl Peter Bruch überreichte ihm und anderen Preisträgern die Auszeichnung. Am 23. August war Jürgen Klaus Zeuge einer Schlägerei in der Glockenstraße geworden. Zwei junge Männer malträtierten vor den Augen zahlreicher Passanten einen Bekannten mit Schlägen und Tritten. Dieser wurde zu Boden gerissen und gegen den Kopf getreten. Klaus ließ seine Tasche fallen und eilte dem Opfer, das bereits bewusstlos war, zu Hilfe. Der letzte Tritt, der den Ohnmächtigen hätte töten können, traf Klaus. Er packte einen der Angreifer, während dessen Kumpane das Weite suchte, und drückte ihn gegen die Häuserwand. "Mein Gesicht war direkt vor seinem, und ich habe ihn nur noch angeschrieen." Als Klaus sich nach dem Verletzen umsah, versuchte der Täter zu fliehen, wurde aber schon nach wenigen Metern von zwei anderen Zeugen wieder gestoppt. Eine ältere Dame kam hinzu und bot an, mit einer Dose Reizgas, die sie dem Schläger direkt vors Gesicht hielt, auszuhelfen. Dies war jedoch nicht mehr nötig. Der Gewaltverbrecher wurde der Polizei übergeben, die wenig später auch den Mittäter dingfest machen konnte. Das Opfer kam unter anderem mit einer gebrochenen Nase davon. Klaus brach sich bei der Hilfsaktion einen Finger. Schlimmer waren jedoch die Eindrücke vom Geschehen. "Das Gefühl war richtig scheiße", sagt der 36-Jährige, der dem Mann wahrscheinlich das Leben rettete. "Wie ein Held fühlt man sich nicht. So eine Gewalterfahrung verfolgt einen." Lieber redet der selbstständige Architekt und Gebäudeenergieberater von den anderen Preisträgern, die er bei der Verleihung kennen lernte, und deren mutigen Taten. Der Rummel um die eigene Person ist ihm unangenehm. Bereits ein Fernsehinterview in Mainz mit dem Südwestrundfunk habe ihm großes Unbehagen bereitet. Aber schließlich soll die Berichterstattung über ihn und sein Handeln andere anspornen, Menschen in Notsituationen zu helfen. Nachgedacht über sein Einschreiten hat der gebürtige Berliner nach eigener Darstellung nicht. "Ich weiß nicht, warum ich es getan habe", erzählt Klaus, schiebt aber unbewusst die Antwort direkt hinterher. "Ich bin aus Wut dazwischen gegangen. Ich konnte nicht akzeptieren, was da passierte."

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