Wie lange leben?

Wie lange möchten Sie noch leben? Ein Jahr, zehn Jahre, 50 Jahre? Die Frage ist unbequem. So empfinde ich das jedenfalls. Wenn man sie stellt, dann merkt man: Welche Erwartungen und Wünsche habe ich eigentlich ans Leben?

Welche Prioritäten setze ich - und welche möchte ich gerne setzen? Wer nachdenkt über die Zeit, die bleibt, der wird sich unweigerlich der Grenze bewusst, die der Tod zieht. Und plötzlich denkt man: Eigentlich ist es gut, dass ich nicht selbst diese Grenze ziehen muss. Es ist gut, dass wir Tag und Stunde nicht wissen. Viele Leser haben im vergangenen Jahr und auch in den Jahren zuvor Abschied von einem Menschen nehmen müssen. Die einen hatten Zeit, sich darauf vorzubereiten. Die anderen wurden vom Tod ihrer Angehörigen völlig überrascht. Ich glaube, gemeinsam ist uns allen wohl die Erkenntnis: Wir haben es nicht in der Hand, wann und wie ein Leben zu Ende geht. Auch wenn wir ein solches Ende erahnen, befürchten. Am Sonntag erinnern wir in den Gottesdiensten unserer Gemeinden an all die Menschen, von denen wir durch den Tod getrennt sind. Dann ist Totensonntag - oder auch Ewigkeitssonntag. Für mich gehören beide Namen für diesen Sonntag zusammen: Es geht natürlich um die Erinnerung an all die Menschen, von denen wir durch den Tod getrennt sind. Aber zugleich geht es um die Perspektive, die wir haben, über den Tod hinaus: Ewigkeit - zeitloses Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Paulus beschreibt das so: Nichts kann uns trennen von Gottes Liebe, die in Jesus Christus sichtbar geworden ist. Weder Tod noch Leben noch sonst irgend etwas. Für mich sind diese Worte des Paulus Basis, um das Abschied nehmen auszuhalten. Und auch Fundament, um das Leben jetzt zu gestalten. Pfarrer Guido Hepke Evangelische Kirchengemeinde Trier, hepke.trier@ekkt.de

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