Wieder verfolgt

Mit einem Vortrag des Historikers und Holocaust-Überlebenden Professor Arno Lustiger wurde die Ausstellung "Das hat es bei uns nicht gegeben. Antisemitismus in der DDR." eröffnet. Bis zum 7. September ist sie im Foyer der Stadtbücherei zu sehen.

 Rudolf Hahn (links), Leiter der Volkshochschule Trier, und Johannes Platz (rechts) von der deutsch-Israelischen Gesellschaft begüßen zur Ausstellungseröffnung den Historiker Arno Lustiger. TV-Foto: Frank Göbel

Rudolf Hahn (links), Leiter der Volkshochschule Trier, und Johannes Platz (rechts) von der deutsch-Israelischen Gesellschaft begüßen zur Ausstellungseröffnung den Historiker Arno Lustiger. TV-Foto: Frank Göbel

Trier. (fgg) "Die UdSSR hat den Juden ihre Rolle nicht gedankt", sagt Arno Lustiger vor gut 60 Zuhörern in der Volkshochschule am Domfreihof. Obwohl Zehntausenden Juden in der roten Armee Auszeichnungen für ihren Einsatz gegen Nazideutschland verliehen worden seien, habe Stalin bald nach dem Krieg seine Politik der Judenverfolgung begonnen. Dies besonders, nachdem sich die erste israelische Regierung weniger sozialistisch, sondern eher den USA zugeneigt gezeigt habe. Lustiger glaubt, der Tag, an dem der Diktator 1953 "Gott sei Dank verreckt" sei, habe eine "Katastrophe genozidalen Ausmaßes verhindert".

Allerdings bedeutete das keinesfalls das Ende der Hetze, die auf fruchtbaren Boden auch in der DDR gefallen sei, die sich ja explizit als "antifaschistisch" definiert hat. "Sie haben gelitten, aber nicht gekämpft", habe Mielke damals die Juden diffamiert, empört sich der Historiker, der es immer als eines seiner wichtigsten Anliegen verstanden hat, das Vorurteil auszuräumen, die Juden hätten den Holocaust wehrlos hingenommen.

Als eine Registrierung aller Juden geplant wurde, sahen sich die Vorsitzenden aller jüdischen Gemeinden zur Flucht genötigt - "die DDR verlor auf einen Schlag alle diese staatstreuen Juden, während die meisten Ex-Nazis längst rehabilitiert waren", erklärt Lustiger. Erst kurz vor der Wende, als die DDR ihr Verhältnis zum Exportziel USA verbessern wollte, habe man die Juden regelrecht hofiert.

Heute wirft der 84-Jährige den Kommunisten auch in den SED-Nachfolgeparteien vor, diese Vergangenheit nicht ausreichend aufzuarbeiten. Sehr lobte er die Ausstellung, die unter anderem von der örtlichen Deutsch-Israelischen Gesellschaft und der "Aktion 3. Welt Saar" mit Förderung durch das Bundesprogramms "Vielfalt tut gut" organisiert wird. Extra Arno Lustiger hat die Judenverfolgung denkbar knapp überlebt: 1945 konnte sich der damals 20-Jährige von einem "Todesmarsch" absetzen, fiel aber prompt dem "Volkssturm" in die Hände. Eine neuerliche Flucht glückte, als Lustiger Einheiten der US Armee begegnete. Lustigers Vater wurde in Auschwitz ermordet. Nach dem Krieg forschte und schrieb Lustiger zu Themen der deutsch-jüdischen Geschichte, zum Spanischen Bürgerkrieg, zum jüdischen Widerstand sowie zur stalinistischen Judenverfolgung. Er ist Mitbegründer der jüdischen Gemeinde in Frankfurt. (fgg)

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