Wilde Saar macht die Mosel attraktiver

Bernkastel-Wittlich/Trier-Saarburg/New York · Unter 52 Plätzen auf der ganzen Welt ist das Moseltal das einzige Reiseziel in Deutschland, das die New York Times für 2016 empfiehlt. Die Region befindet sich damit in Gesellschaft mit vielen anderen, zum Teil exotischen Orten. Aber die zwölf Zeilen Text dürften den ein oder anderen Einheimischen etwas stutzig gemacht haben. Ein Faktencheck.

 So sieht die Reiseempfehlung für die Mosel auf der Internetseite der „New York Times" aus: Blick auf den Weinort Zeltingen, der in dem Artikel leider unerwähnt bleibt. TV-Foto: Klaus Kimmling

So sieht die Reiseempfehlung für die Mosel auf der Internetseite der „New York Times" aus: Blick auf den Weinort Zeltingen, der in dem Artikel leider unerwähnt bleibt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"

Die Mosel ist jetzt prominent. Zumindest bei den Lesern der renommierten amerikanischen Tageszeitung The New York Times. Die Redaktion hat 52 Reiseempfehlungen aus aller Welt zusammengestellt. Nach Platz 32, der Sandinsel Holbox im Golf von Mexiko, und Platz 33, der Hauptstadt Providence des amerikanischen Bundesstaats Rhode Islands, folgt Platz 34: das Weinanbaugebiet Mosel in Deutschland (englisch: Mosel wine country). Die Unterzeile fasst den zwölfzeiligen Text zusammen: Artenvielfalt, neue Wanderwege und ein Aufenthalt auf einem Schloss erwarten den Reisenden. Der findige Moselaner, der sich bis dorthin durch die Online-Reportage gescrollt hat, freut sich wahrscheinlich über diese besondere Ehre, die seiner Heimat von einem internationalen Medium zuteil wird.Unerschlossener Fluss?


Doch bei genauerer Lektüre des zwölfzeiligen Textes, der kaleidoskopartig besondere Orte und Aktivitäten in der Moselregion herausgreift, dürfte der Leser etwas stutzig werden: Zunächst stellt der amerikanische Autor Adam Graham, der als freier Reisejournalist arbeitet, eine These auf: Nämlich, dass sich die Mosel aus ihrem verklemmten Weinliebhaber-Image gehäutet und ihre wilde Seite entdeckt habe, was weinaffine Freiluftfreunde an ihre steilen und rieslinggesäumten Ufer locken würde.

Diese These begründet er damit, dass die unerschlossenen Abschnitte des Flusses, die die Mosel zu einer Rarität in Deutschland machen, Kanufahrer anlocken würde. Da stolpert mancher Moselkenner das erste Mal. Die Mosel? Naturbelassen? Schließlich ist bekannt, dass die Mosel als eine der wichtigsten Großschifffahrtsstraßen weitgehend kanalisiert ist. Was meint Adam Graham also damit?

Nachfrage bei Ansgar Schmitz, Geschäftsführer des Vereins Moselwein, der Graham und andere Journalisten im Frühjahr 2015 bei einer Pressereise begleitet hat.

"Bei der Reise auf Einladung des Deutschen Weininstituts in Mainz und dem Verein Moselwein sind wir an der Mosel und der Saar unterwegs gewesen", erzählt Schmitz. Im Mittelpunkt habe die Verbindung von Wein und Tourismus unter dem Motto "Wein aktiv erleben" gestanden.

Für die Aussage über den unerschlossenen Fluss hat Schmitz eine Erklärung: "Die Passage bezieht sich auf den Altarm der Saar zwischen Schoden und Wiltingen, wo wir eine Kanutour mit der Gruppe unternommen hatten." Dieser Teil der Saar sei Naturschutzgebiet und weitgehend naturbelassen. "Möglicherweise ist der Hinweis auf den Nebenfluss Saar beim Redigieren weggekürzt worden", vermutet Schmitz.Otter an der Mosel?


Außerdem schreibt Graham, dass dieser Flussabschnitt das Zuhause einer wachsenden Population von Ottern und Eisvögeln sei. Das sehen Experten anders. Joscha Beninde, Diplom-Biologe und Doktorand an der Universität Trier, erklärt: "Eisvögel gibt es häufig an der Mosel. Man kann sie sogar direkt an der Römerbrücke in Trier sehen." Was die Otter betrifft ist er skeptisch. Es gebe in Rheinland-Pfalz keine Nachweise - lediglich in Luxemburg und Belgien gebe es noch Otter-Vorkommen. "Biber sind häufiger, sie sind auch im Naturschutzgebiet Wiltinger Altarm gemeldet", so Beninde.

In seiner kurzen Reisempfehlung nennt Graham unter anderem auch den Moselsteig, sowie "Slow Mosel", ein Konzept für individuelle Reisen in der Region. Tillmann Otto, Geschäftsführer von Slow Mosel, freut sich: "Ich setze mich schon länger für den grenzüberschreitenden Tourismus nach Luxemburg ein, da ist der Times-Artikel eine besondere Auszeichnung."

Zuletzt erwähnt Graham das Hotel Schloss Lieser, dass Ende 2015 eröffnet habe. Allerdings wird das Hotel erst im Juni 2016 für Gäste geöffnet. So verkünden es die Betreiber zumindest auf ihrer Internetseite.
Die Reiseempfehlung der "New York Times" finden Sie im Internet unter: nytimes.com/section/travelMeinung

Gute Werbung für die Region
Auch wenn der Times-Artikel etwas verkürzt erscheint, so ist er doch eine wichtige Werbung für die Tourismusregion Mosel. Dass die Redaktion in New York die Mosel als einen Ort unter 52 ausgewählt hat, ist ohne Frage eine Auszeichnung. Daran ändert auch die Verwechslung der Mosel mit dem Altarm der Saar dann nichts mehr. j.wagner@volksfreund.deExtra

Ein Reisejournalist der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat im August 2013 über die Moselregion geschrieben und unter anderem die Einwohner als Moselochsen bezeichnet, was für große Empörung sorgte (der TV berichtete). Die Mosel wurde im Jahr 2015 als Tourismusregion außerdem in verschiedenen anderen Medien besprochen: Unter anderem in niederländischen Fachzeitschriften fürs Wandern und Radfahren (Fiets Actief, Te Voet, Op Pad) oder auch in der überregionalen amerikanischen Tageszeitung Chicago Tribune, wie Christiane Heinen, Pressesprecherin der Mosellandtouristik, zusammenfasst. Die Moselstadt Trier war in den letzten Wochen ebenfalls in zwei großen Medien Thema: Einmal im Dezember im Uni-Spiegel über das aus Sicht des Autors langweilige Nachtleben (der TV berichtete) und ein weiteres Mal im englischsprachigen Reisemagazin "Where" als Stadt mit einem der schönsten Weihnachtsmärkte weltweit. jwa

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