"Wir 50er-Jahre-Mädels"
Jünger als vor der Fernsehkamera sieht Petra Gerster aus. Die zierliche, blonde Frau nimmt vor dem Publikum meist gleichaltriger Geschlechtsgenossinnen Platz, plaudert aber nicht über liftende Tagescremes, sondern gewährt mit ihrem Buch "Reifeprüfung" einen ehrlichen Blick auf ihr Leben als gereifte Frau.
Trier. Mit ihrem 50. Geburtstag habe sie sich nicht auseinander gesetzt. "Lächerlich", habe sie noch einen Tag zuvor gedacht. Bis er schließlich bevorstand, wohl meinende Gratulationen und Fragen, wie lange sie noch moderieren wolle, kamen. Es ist die Vergänglichkeit von Jahren und Schönheit, der man sich stellen müsse. "Man fängt unwillkürlich an, Bilanz zu ziehen. Der 50. ist mit Furcht, einem unguten, mulmigen Gefühl verbunden", sagt Petra Gerster. "Man sollte das nicht verdrängen. Mir ist es jetzt leichter ums Herz", erklärt sie und blickt mit Gelassenheit und Selbstbewusstsein in die Zukunft.Ehrliches und humorvolles Resümee
Gerster zieht ihr Resümee der letzten 50 Jahre, ehrlich, ungeschminkt, humorvoll. Sieberichtet über ihren Werdegang und auch über schwere Krankheiten, neben denen die "Nadelstich" und die unangenehmen Spuren ("Altersflecken, Hitzewallungen"), die das Leben hinterlässt, nichtig erscheinen. Doch die persönliche Auseinandersetzung mit dem Altern ist ebenso wichtig, wie es "eine politische Frage" sei, findet die ZDF-Journalistin. Sie zeigt, "wie tief verankert das Denken ist, dass der Marktwert einer Frau an die fruchtbaren Jahre geknüpft ist" und beweist das Gegenteil, entwirft ihr Plädoyer gegen die Altersdiskriminierung.Ältere Frauen zu schmähen, habe eine lange Tradition in Europa, weiß Gerster. Und: "Viele Frauen ab 50 verschwinden aus der Öffentlichkeit." Schon bevor sich Spuren des Alterns zeigen. Allein unter Schauspielerinnen halten sich einige auch jenseits der 50 auf dem Bildschirm, während eher Männer im Journalismus mit ihren Falten bestehen, sogar noch neue Sendungen beginnen. Die attraktive Petra Gerster ist da eine Ausnahmeerscheinung.Die Kompetenz älterer Menschen nutzen
Absurd sei es, dass "wir länger arbeiten sollen und es uns aber leisten, die Kompetenz älterer Frauen und Männer nicht zu nutzen. Da müssen wir umdenken", fordert Gerster. "Wir müssen wieder kämpferischer werden", macht sie 50er-Jahre-Mädels Mut, an die Frauenbewegung von vor 40 Jahren neu anzuknüpfen."Die Reifeprüfung", Rowohlt-Verlag Berlin, 19,90 Euro.