"Wir brauchen Platz - deshalb der Rabatz!"

Den Trier-Besuch von Bildungsministerin Doris Ahnen nutzten rund 700 Studenten am Donnerstag zum spontanen Protest. Die starke Überbelegung der Universität sei Folge einer falschen Bildungspolitik, warfen sie der Ministerin lautstark vor. Gute Gegenargumente hatte diese nicht.

Trier. Lautstarke, spontane Studenten-Proteste und eine Ministerin sowie ein Universitäts-Präsident, die eine hochoffizielle, internationale Veranstaltung unterbrechen, um Rede und Antwort zu stehen: Die chinesischen Gäste, die zur Eröffnung des Konfuzius-Instituts - des China-Pendants zu den weltweiten deutschen Goethe-Instituten - gekommen waren, dürften sich ob des Umgangs mit Protesten im eigenen Land gewundert haben über das, was auf dem Trierer Petrisberg am Donnerstagnachmittag passiert ist: Nach ihrer Vollversammlung hatten sich rund 700 Studenten spontan auf den Weg von der Uni zum Wissenschaftspark gemacht, um dort ihren Ärger über die Überfüllung der Uni Trier (der TV berichtete) an der richtigen Adresse anzubringen.

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen und Uni-Präsident Peter Schwenkmezger unterbrachen dafür tatsächlich die feierliche Instituts-Eröffnung. Die Ursache für die gnadenlose Überfüllung etlicher Uni-Vorlesungen, Seminare und Übungen sei, dass der Raum-Belegungsplan an die nicht vorhersehbaren Studentenzahlen lediglich noch nicht angepasst sei, suchten Schwenkmezger und Ahnen nach einer Erklärung. Mit Verlegungen überfüllter Vorlesungen in größere Hörsäle und der Aufteilung von Veranstaltungen mit zu vielen Teilnehmern werde die Uni-Leitung der Misere beikommen, versprach Schwenkmezger. "Und wenn trotzdem noch Probleme verbleiben, wird das Ministerium reagieren", sagte Ministerin Ahnen zu.

Die Studenten empfanden das als Beschwichtigung. "Wir haben nicht nur ein Raum-Problem, sondern sind strukturell unterfinanziert", rief Florian Krause vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) durchs Megafon. "Um eine Vorlesung mit 1200 Studenten zu teilen, haben wir gar nicht genug Hörsäle. Und die Kapazitäten der Dozenten sind jetzt schon absolut ausgereizt", warf er der Ministerin vor. Viele Dozenten hätten überfüllte Veranstaltungen bereits geteilt und böten auf freiwilliger Basis und über ihren Lehrplan hinaus zusätzliche Seminare an. "Aber das kann ja wohl nicht die Lösung sein", sagte Krause. Rheinland-Pfalz gebe zu wenig Geld für Bildung aus, prangerte er an. "Wie kann man von Universitäten verlangen, dass sie immer mehr Studenten aufnehmen, aber gleichzeitig nicht die Voraussetzung für deren Betreuung schaffen?", fragte er die Ministerin. "In einer Psychologie-Veranstaltung waren wir mit 400 Leuten, Platz gibt's aber nur für 140, wir sollten dann durch Abzählen ausmachen, wer bleiben darf", schilderte eine Studentin ein drastisches Beispiel.

Ahnen erklärte, dass zum Hochschulpakt zwischen Land und Universitäten nicht nur gehöre, dass die Unis mehr Studenten aufnehmen müssen. "Die Uni Trier erhält dafür auch zusätzliche Stellen, die allerdings noch in der Besetzung sind, sowie Zuschüsse", sagte Ahnen. Weiteren Anschuldigungen der Studenten entzog sich die Ministerin und eilte stattdessen zurück zur Eröffnung des Konfuzius-Instituts - dem eigentlichen Grund ihres Trier-Besuchs.

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Meinung

Pure Beschwichtigung

Die Abbrecher-Quote unter Bachelor-Studenten ist besonders hoch. Das zeigen Untersuchungen an Unis, die die neuen Studiengänge schon länger anbieten. Ministerien und Präsidenten, die ihre Hochschulen nicht gut auf die neuen Bedingungen vorbereiten, tragen daran Mitschuld. Dass die Uni Trier weder finanziell noch räumlich oder personell dafür gerüstet ist, immer mehr Studenten mit strikteren Stundenplänen und Anwesenheitspflichten aufzunehmen, und dadurch Seminare und Vorlesungen noch voller sind, als sie es zu Beginn eines Wintersemesters stets waren, ist offensichtlich. Die Bedingungen sind in vielen Veranstaltungen unzumutbar; sie mit einem noch nicht angepassten Raumplan erklären zu wollen, ist unverschämt. Niemand kann Vorlesungen im Stehen oder im Schneidersitz folgen. Viele Studenten werden schnell die Lust verlieren. Dann wird die Teilnehmerzahl automatisch zurückgehen. Und die Universität das Problem fälschlicherweise als gelöst betrachten. c.wolff@volksfreund.de

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